Tag 3 der re:publica: Huch. Ich glaube, gerade hat Neelie Kroes ACTA für erledigt erklärt. Die EU-Kommissarin steht auf der re:publica-Bühne und sagt, wir sollten uns keine Sorgen mehr um Acta machen. Echt, jetzt? ACTA wird von der EU für tot erklärt? Und ich bin live dabei? Weiterlesen →
Digitalisierung
Zufallsbekanntschaften, Liebeserklärungen und ein Blick über den Tellerrand
Tag 2 der re:publica: Die erste Veranstaltung auf meiner heutigen Agenda, der digitale Dorfplatz, ist hoffnungslos überfüllt. Schade, denn hier geht’s um die spannende Frage, was es eigentlich bedeutet, dass ein immer größerer Teil unserer digitalen Aktivitäten – vom Betätigen des Like-Buttons bis zum Aufruf zur Demo auf dem Tahir-Platz – auf den Plattformen privater Unternehmen stattfindet und nicht auf unseren eigenen.
Vom Fall der Anonymität
Autsch. Das tat weh. Die re:publica in Berlin startet mit einer Mahnung, die viele von uns vermutlich nicht gerne hören. Es geht um Überwachung und Kontrolle, um unsere Daten in den Händen von Mark Zuckerberg und unsere Träume, Ängste, Sehnsüchte im Suchschlitz von Google. “Wir werfen sie dort hinein, und die essen sie auf und sagen uns dann, wer wir sind.”
re-publica, Tag 1: Mythen der Blogosphäre
Dies ist übrigens eine Konferenz mit Kommentarfunktion – per SMS direkt auf die Leinwand. Die Kommentare können auch hier verfolgt werden.
Jan Schmidt nimmt einige Mythen über Blogger (männlich, Freiberufler, Dreitagebart, Übergewicht) unter die Lupe:
Die Mythen über die Blogosphäre, die als Ergebnis einer Umfrage vor einiger Zeit veröffentlicht wurden, stellten sich bei näherer Betrachtung als Befragung ausschließlich unter Friendscout24-Nutzern über 18 Jahren heraus. Aus dieser Umfrage wurde auf die Gesamtheit der Blogger geschlossen – fragwürdig, findet Jan Schmidt und setzt dem eine eigene Untersuchung entgegen. Nach Zahlen aus 2005 ist der Anteil von Männern und Frauen unter den Bloggern nahezu ausgeglichen: 46 Prozent weiblich, 54 Prozent männlich. Aber: Unter den Top-100-Bloggern 2006 hingegen waren 20 Prozent weiblich, 80 Prozent männlich. Meistgelesen, meistverlinkt, meistbeachtet sind also die männlichen Blogger.
Dem Mythos von der Gegenöffentlichkeit (Blogs als Alternativ-Medium) stellt Schmidt gegenüber, dass Blogs in zunehmendem Maße von professionellen Journalisten geschrieben würden. Und dass in Weblogs in erster Linie Massenmedien verlinkt würden. Aus dem Publikum kam der Einwurf, dass Blogger in vielen Fällen Massenmedien nicht einfach nur zitieren, sondern kritisch hinterfragen und ihre Texte nach allen Regeln der Kunst zerpflücken – also durchaus eine Gegenöffentlichkeit schaffen. Für mich – als Journalistin, die privat bloggt – gilt zumindest: Vieles von dem, was ich in meinem Weblog schreibe, kann ich so nur dort äußern; besonders, wenn es um Kritik an dem Medium geht, für das ich tätig bin (wobei ich hier schon darauf achte, eine Grenze der Zulässigkeit nicht zu überschreiten – ich mag meinen Job gerne behalten). An manchen Tagen und in gewisser Weise ist mein Blog also “Gegenöffentlichkeit”. Und an anderen Tagen ist es persönliche Öffentlichkeit – das also, was Jan Schmidt als Öffentlichkeitsbegriff für die meisten Weblogs ausmacht. An erster Stelle der Themen in Blogs stünden Berichte aus dem Privatleben; politische Beiträge machten etwa 30 Prozent aus.
Auch auf den Mythos von der Irrelevanz (99 Prozent = Müll, Klowände etc.) ging Schmidt ein. Nach seinem Eindruck werden solche Urteile zumeist von Vertretern klassischer Kommunikationsberufe gefällt, die den Fehler machten, die Bedeutung von Weblogs mit dem gleichen Maßstab zu messen wie ein Massenmedium. Die alte Regel aus einer Zeit, da nur wenige die Möglichkeit zum Publizieren hatten – “Alles, was öffentlich gemacht wird, hat gesellschaftliche Relevanz” – gelte jedoch nicht mehr. “Es geht um persönliche Relevanz, nicht mehr um gesellschaftliche.” Banalisierungsversuche gebe es aber auch innerhalb der Blogosphäre. Jan Schmidt meint dazu: Blogger sprechen abfällig über Katzen-Content oder Strickblogs, um selbst bedeutender zu erscheinen.
Sein Fazit:
- Es gibt kein richtiges Bloggen. Was Bloggen ist, wird ausgehandelt – stets neu.
- So genannte A-Blogger prägen das Bild von Weblogs – nach innen ebenso wie nach außen.
- Im Long Tail – dem langen Schwanz der unbekannteren Blogger – finden sich in erster Linie “Persönliche Öffentlichkeiten”.
- Allen Mythen ist gemeinsam: Sie bilden immer nur einen kleinen Ausschnitt ab. Will man Blogger ernst nehmen, muss man den Long Tail ernstnehmen.
Don Dahlmann, Matthias Oborski, Silke Schippmann und Nicole Simon (von links) berichten über ihr “Leben im Netz”:
Silke Schippmann (XING) warnt vor “falsch verstandener Meinungsfreiheit” und beklagt fehlende Medienkompetenz: Auch in ihrem Business-Netzwerk komme es immer wieder vor, dass Leute ausfällig werden oder schlecht über ihre Firma reden. Den meisten sei dabei scheinbar nicht bewusst, wo sie sich gerade befinden: “Der Chef liest mit.” Teilweise müsse man die Leute vor sich selber schützen. Wenn Mahnungen nicht helfen, fliegt auch mal jemand raus – das kommt laut Schippmann etwa zweimal im Monat vor.
Für Nicole Simon ist das Internet wie warmes Wasser: Klar könne man mal drauf verzichten, bei einem Abenteuerurlaub etwa – aber warum sollte man? Das Kontakteknüpfen übers Netz ist für sie deutlich effizienter: Im “echten Leben” müsse sie sehr viel mehr Menschen treffen, um irgendwann die Handvoll gefunden zu haben, die ähnliche Interessen teilen.
Disclaimer: Es handelt sich um sinngemäße Zitate, nicht notwendig wörtliche – ich bitte alle Erwähnten um Verständnis und um Hinweis, wenn sich jemand falsch wiedergegeben fühlt …
Besser Online
Pssst: Web 2.0 darf niemand sagen. So hätte es jedenfalls der Moderator der Auftaktdiskussion auf der journalistischen Tagung “Besser Online”gerne, die gerade in Berlin in die letzte Runde geht.
Der große Saal, in dem niemand Web 2.0 sagen soll, ist die zum Veranstaltungsort umgebaute Auferstehungskirche in Berlin-Friedrichshain, und oben über dem Podium verleihen die Pfeifen einer Kirchenorgel den Äußerungen der wichtigen Menschen darunter Gewicht und eine gewisse Autorität.
Weil also niemand das böse Wort vom Web 2.0 aussprechen soll, wird vielstimmig drumherum geredet. Denn drüber reden wollen irgendwie doch alle. Die Workshops über Publishing Tools, Blogs, Citizen Journalism, Pod- und Videocasts sind gerammelt voll, während im Klassiker “Qualität im Journalismus” viele Stühle leer bleiben.
Statt von Web 2.0 und “user generated content” ist hier also viel von Partizipation die Rede und von “Mitmach-Architektur”. Gut gefallen hat mir in diesem Zusammenhang das “Aal-Prinzip”: Andere arbeiten lassen.
(Übrigens, ein Kollege der Netzeitung hat eben das Projekt “20 Millionen Redakteure gesucht ” vorgestellt. Mehr dazu hier.)
Höre eben von der Messerattacke der vergangenen Nacht und bin doch froh, die Menschenmassen bei der Eröffnungsfeier des neuen Berliner Hautbahnhofs gemieden zu haben. Die Neugier wird mich spätestens heute Abend wohl doch dorthin treiben. Zum Auftanken. Und zum Nachdenken darüber, was eigentlich alberner ist: Permanent WEB 2.0 im Munde zu führen – oder das Wort auf den Index zu stellen und dann trotzdem über Nichts anderes zu reden….
table thrill
Es fing so harmlos an. Ich wollte nur eine kleine Tabelle einfügen, nichts Besonders. Ich hantierte eine Weile mit, sprang dann mit dem Cursor in die mittlere Tabellenzelle der oberen Zeile – und kam nicht wieder raus.
Ich meine: Ich kam nicht wieder raus. Ich war in dieser Tabellenzelle gefangen. Ich. Nicht der Cursor. Dieser blinkende kleine senkrechte Strich, das war ich. Links, rechts, über und unter mir rückten vier borders bedrohlich näher, die ich zwar eben noch auf null gesetzt hatte, die aber im Vergleich zu mir wie zehn Pixel breit wirkten. Ich konnte sie nicht richtig sehen, weil es dunkel war, aber ich spürte förmlich, wie sie auf mich zukrochen. Ich wehrte mich, ich versuchte, zu entkommen, ich schaute mich um und suchte Hilfe in einer der Nachbarzellen – vergeblich. Ich klebte einfach fest in dieser td wie eine Fliege im Netz. Und blinkte noch hektischer, nachdem mir eingefallen war, dass ich auch cellpadding auf null gesetzt hatte.
Dann kam mir eine Idee. Wenn ich die Hintergrundfarbe ändern könnte, dann würde ich wenigstens besser sehen können. Doch so sehr ich mich bemühte, es klappte einfach nicht: Kaum hatte ich FFFFFF als bgcolor eingegeben, wurde daraus 000000. Ich schrie, ich tobte, ich blinkte um mein Leben – und schließlich verstummte ich in meiner enger werdenden Zelle, über die sich nun vollends die Dunkelheit gesenkt hatte. Ich erwachte erst, als mich etwas an der Nase berührte. Vor mir stand mein Hund, über mir und meinen Matratzenlager auf der Terrasse schien die Sonne, aus der Küche drang der Duft von frischem Kaffee. Ich schwöre, ich fasse heute kein html mehr an. Oder jedenfalls kaum.