Ganz gegen meine Gewohnheit gehe ich in diesen Tagen mit den Hühnern zu Bett und bin in aller Herrgottsfrühe wach. Das ist prima, denn am frühen Vormittag fährt es sich am besten. Heute jedenfalls war um 8 Uhr kaum was los auf den Straßen von Brunsbüttel (ja, ist denn heut schon Weltmeisterschaft?). Vom Meer musste ich mich vorübergehend verabschieden, denn meine Strecke führte landeinwärts Richtung Norden – zuerst eine Weile auf einem kleinen, schattigen Weg an dem ruhigen Fluss Braake entlang, dann an Feldern und vereinzelten Höfen vorbei. Hier begegnete mir allenfalls mal ein Traktor. An den Schildern, die den Nordseeküsten-Radweg markieren, ist hier gespart worden, aber der Bikeline-Streckenführer beschreibt den Weg fast überall recht genau.
In Eddelak gibt es eine schöne Mühle und eine schöne Kirche und sicher noch andere schöne Ecken… ich werde es vor allem als den Ort in Erinnerung behalten, an dem ich mir zum ersten Mal die Finger an der Kette schmutzig machen musste. (Dorfkirchen eignen sich übrigens gut zum Rasten.)
Die offizielle Radstrecke beschreibt ab hier einen merkwürdigen Zickzack-Kurs durch die Walachei, den ich mir gerne schenken wollte, darum fuhr ich einfach geradeaus weiter auf dem Radweg entlang der Landstraße. Was ich nicht wusste: Die Straße stieg die nächsten zwölf Kilometer fast stetig an. Immerhin: Ohne Gegenwind, und danach sollte ich mich noch zurücksehnen!
Von dem Städtchen Meldorf sah ich lediglich den Hafen. Es zog mich wieder Richtung Meer, und das war nur noch rund sieben Kilometer westlich von mir. Ich trat also freudig in die Pedale, wurde unerwartet von einer heftigen Böe gebremst – und schlagartig war mir klar: Dies werden die längsten sieben Kilometer meines Lebens…
Das stimmte natürlich nicht. Die längsten sieben Kilometer kamen erst danach. Und dann nochmal sieben längsten Kilometer. Auf der Strecke nach Büsum. Ich sach nur: außendeichs!
Aber schön war’s doch…
Zeit, einige fundamentale Erkenntnisse festzuhalten:
1.) Wenn du in der Ferne ein Ziel ausmachst, bis zu dem du es unbedingt noch schaffen willst, dann achte darauf, dass es sich nicht um ein bewegliches Ziel handelt. Oder wenigstens darauf, dass es sich in deine Richtung bewegt.
2.) Denke nie: “Ach, sind ja nur noch zehn Kilometer”, bevor du nicht einen angefeuchteten Zeigefinger in den Wind gehalten hast.
3.) Rund um Bushaltestellen liegen Scherben. Immer.
4.) Singen beim Radfahren eignet sich hervorragend, um Gefühle aller Art auszudrücken. Keine Sorge wegen der Leute: Dort, wo du das Bedürfnis hast, zu singen, gibt es nur dich, das Meer, den Horiziont und Schafe. Und falsche Töne verschluckt ein gnädiger Wind. Heute auf der Playlist: “Iiiiiiiiiiiii beg your pardon – I never promised you a roooooose gaaaarden!”
Nach 48 Tageskilometern bin ich nun also im völlig von Touristen okkupierten Seebad Büsum – und sehne mich nach der Ruhe am Deich. Stellt euch vor, die haben hier sogar aus der Sturmflut eine Besucherattraktion gemacht: “Und Sie mittendrin”, lockt der Vergnügungspalast “Blanker Hans”…
Ganz schön geschäftstüchtig, die Leute da im hohen Norden :)
Viel Spaß weiterhin!
Was bin ich froh, daß Du nicht in der echten Walachei gelandet bist, das wäre nämlich etwas arg weit neben Deiner eigentlichen Route! ;o)
Deine fundamentalen Erkenntnisse werde ich mir merken, nur für alle Fälle.
Jetzt hoffe ich, Du kannst wieder gut schlafen und packst die große Strecke morgen … grüß mir die Nordsee! Hast Du schon? Tu’s nochmal, ich kann sie gar nicht oft genug grüßen. *lach*
Yippi ich fahr mit, (zeitversetzt), danke, dann bis morgen.
Liebe Grüße Gitti
:-))))))))
Ich bin von meiner Reise zurück und freue mich, dass ich jetzt an Deiner teilhaben darf. Yipphey, immer weiter in die Pedale.