Wie unsicher ist Frankfurt wirklich?

Frankfurt, Hauptstadt des Verbrechens? Ach, gäjnse mer fodd mit dene olle Glischees. Alle Jahre wieder, wenn das BKA die Kriminalstatistik vorlegt, tönen Medien landauf landab, dass Frankfurt am Main die gefährlichste Stadt Deutschlands sei. Das ist natürlich Unsinn – nicht nur, weil ich in dieser wunderbaren Stadt sehr gerne lebe, sondern vor allem, weil die Zahlen etwas anderes sagen. Lesen muss man sie halt. Aber wer will schon eine knackige Schlagzeile totrecherchieren?

Ich! Und ich bin damit nicht allein. Seit Jahren redet sich die Stadt den Mund fusselig und versucht, eine ziemlich einfache Sache zu erklären: Ja, es gibt einige Delikte, bei denen ist Frankfurt tatsächlich einsamer “Spitzenreiter”: Vor allem schlagen hier Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz zu Buche. Das geht unter anderem auf das Konto des Rhein-Main-Flughafens; die hier registrierten Taten werden in die Statistik der Stadt eingerechnet. Darüber hinaus weist Frankfurt die häufigsten Rauschgiftdelikte und die meisten (erwischten) Schwarzfahrer auf. Letzteres dürfte abhängig sein von der Häufigkeit der Kontrollen, ein Städtevergleich ist hier also ohnehin nur bedingt aussagekräftig. Gemeinsam haben diese Delikte, dass sie in aller Regel Dritte nicht unmittelbar in Gefahr bringen.

Was eine Stadt gefährlich macht, sind andere Verbrechen. Gewaltkriminalität. Vergewaltigung, Mord, Körperverletzung, Raub, Diebstahl. Frankfurt liegt hier zwar oft im oberen Drittel, aber angefürht wird die Rangliste bei all diesen Delikten von anderen Städten: Aachen zum Beispiel bei Mord und Totschlag. Köln bei Vergewaltigungen. Oder Düsseldorf bei Wohnungseinbruchdiebstahl.

Ach wissen Sie was: Bilder sagen ja bekanntlich mehr als Worte. Ich habe anhand der Zahlen von 2011 (Ausnahme: Die Zahlen zu Aufenthaltsdelikten stammen von 2010) mal ein interaktives Diagramm erstellt. Die Startansicht zeigt die Kriminalstatistik insgesamt – und weiter schauen die Medien meist nicht. Wer sich aber durch die verschiedenen Deliktgruppen klickt, sieht Frankfurt, wie es wirklich ist – oder besser gesagt: wie es 2011 war.

Mir selbst widerfuhr übrigens in Frankfurt schon bald nach meinem Einzug als erstes das, was mir in 20 anderen Städten rein statistisch viel eher hätte passieren können: Mein Fahrrad wurde geklaut.

Update:
Mirko Lorenz hat mich via Twitter auf eine weitere neue Funktion von Datawrapper hingewiesen:

Das musste ich gleich mal ausprobieren und habe so ein Stapel-Balkendiagramm anhand der Aufkklärungsquoten in Frankfurt gemacht. Was mir daran besonders gefällt: Man kann zwischen absoluten Zahlen (die einen Vergleich der Delikte liefern) und der Prozentzahl hin- und herschalten. Im Vollbildmodus (Klick oben rechts in der Grafik) ist übrigens die Beschriftung besser zu entziffern. ;)

6 Kommentare

  1. Klasse Visualisierung!
    Mal eine Frage: wie kriegt man eigentlich dieses schöne Dropdown-Menü in den Datawrapper?
    Karsten

  2. Ich hab es so gemacht: In der Datawrapper-Oberfläche die Option “Datenreihen in Zeilen” und jeweils die erste Reihe/Spalte als Beschriftung wählen, dann als Balkendiagramm visualisieren. Wie die dahinterliegende Tabelle aufgebaut ist, sieht man bei einem Klick auf “Daten” unten rechts im fertigen Diagramm.

  3. […] Wie man mit Datenjournalismus eine knackige Schlagzeile totrecherchiert und zu interessanten neuen Ansätzen kommt, zeigt meine Kollegin Monika Gemmer in ihrem Blog. Sie hat sich die Kriminalstatistik von 2011 vorgenommen und widerlegt die weitverbreitete These von Frankfurt, der gefährlichsten deutschen Stadt. Details und die Auswertung gibt es in ihrem Blog » […]

  4. Sehr anschaulich!
    Manche kriegen sogar ihr iPAD wieder, nachdem sie es in Frankfurt verloren haben…wenn da keine ehrlichen Menschen wohnen! ;-)

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