Ein Defekt in einer Trafostation sei der Grund für den Stromausfall in Teilen unseres Städtchens gewesen, ist heute von den Stadtwerken zu erfahren. Ein Schelm, der da an einen Zusammenhang mit dem Bürgerentscheid denkt, den wir am kommenden Sonntag zu absolvieren haben: Da werden wir nämlich gefragt, ob wir mit einer Teilprivatisierung der Stadtwerke einverstanden sind.
Dem Entscheid ging ein erbitterter Streit voraus. Befürworter eines Verkaufs wollen mit dem Erlös für die (übrigens stetig Gewinn abwerfenden) Stadtwerke den städtischen Haushalt sanieren – Stichwort: Tafelsilber. Gegner fürchten um die dauerhafte Einnahmequelle, um die bei uns immer noch recht moderaten Strompreise und um Arbeitsplätze.
Im Eifer des Gefechts schossen Bürgermeister und Erster Stadtrat vor wenigen Tagen den Vogel ab. In einer Hauswurfsendung warben sie – legitimerweise – für ihre Sicht der Dinge. Unter anderem empfahlen sie darin aber auch, der Abstimmung fern zu bleiben. Ich fand irgendwie, dass den Herren für so einen unverblümten Beitrag zur Förderung der allgemeinen Politikverdrossenheit eine Saure Gurke in der Kategorie Demokratiefeindlichkeit verliehen gehört, und fragte mal ganz naiv nach: Kann man den Menschen eigentlich noch deutlicher sagen, dass man an ihrer Mitgestaltung nicht interessiert ist?
Sie haben inhaltlich völlig recht, unser Schreiben war unglücklich formuliert, antwortet mir der Bürgermeister. Zwei Sätze weiter dann: Dabei haben wir nicht die Außenwirkung bei denen bedacht, die nicht tagtäglich mit parlamentarischen Abstimmungsverfahren vertraut sind…
Hm. Heißt das nun im Klartext:
Liebe Bürgerinnen und Bürger, ihr seid einfach zu doof, um öfter als alle fünf Jahre an die kommunalpolitische Urne bestellt zu werden?
Oder heißt es vielleicht doch eher:
Wir würden halt lieber auf Nummer sicher gehen und den Bürgerentscheid gleich am verfehlten Quorum von mindestens 25 Prozent der Stimmberechtigten scheitern lassen – wer weiß, am Ende kommt noch was Falsches dabei raus?
Während ich noch darüber rätsele, bietet mit der Erste Stadtrat folgende Erläuterung an: Nicht abzustimmen, das könne sehr wohl als Meinungsäußerung gelten. Ich werde es mir merken – für die nächsten Kommunalwahl. Ob die Herrschaften das aber dann noch verstehen?
Update: 96,9 Prozent gegen den Stadtwerke-Verkauf. Wahlbeteiligung: 42,3 Prozent.