Glaub mir, in einem halben Jahr ist alles wieder wie früher, sagt ein Mann in dem Film September (gestern Abend, ZDF) zu seiner Frau, die über den Attentaten vom 11.9. schier verrückt zu werden droht.
Und so kam es ja auch.
Nach einem halben Jahr gingen wir wieder in Konzerte und Restaurants, luden Freunde ein, arbeiteten an neuen Projekten, stiegen wieder in Flugzeuge, hatten andere Wehwehchen und ein paar Erfahrungen mehr und registrierten nebenbei (und durchaus mit wachsender Sorge), was sich abspielte auf der Welt. Muss ja auch, das Leben blieb nicht stehen nach dem 11. September. Für uns nicht.
Aber dann, drei Jahre später, war alles wieder da. Diesmal fielen keine kleinen, undefinierbaren Punkte an einer brennenden Fassade Hunderte von Metern in die Tiefe. Diesmal rannten nackte Kinder um ihr Leben. Diesmal verdeckten nicht schmelzender Stahl und in die Knie gehende Monumental-Architektur den Anblick der Toten. Diesmal sahen wir ihre blutverschmierte Gesichter. Gesichter von Sechsjährigen.
Glaub mir, in einem halben Jahr ist alles wieder wie früher. Auch diesmal wird es so kommen.
Können wir nicht froh sein, dass nicht alles an uns kleben bleibt und wir diese Bilder auch wieder los werden können? Wie würden wir wohl mit den ganzen Bildern und Nachrichten leben wenn sie permanent in unseren Erinnerungen präsent wären. Ich glaube wir könnten uns an nichts mehr wirklich freuen und an jeder Blüte würden wir mindestens einen Tropfen Blut erkennen.
Ich bin froh, wenn in einem halben Jahr wieder alles wie früher ist…
Es besteht ein riesiger Unterschied, ob man schockiert vor dem Fernseher sitzt und Bilder aus weiter Ferne sieht, von unbekannten Menschen. Oder ob man zu Beerdigungen geht von Menschen, die man kennt.
Das ist auch sinnvoll so, denn vermutlich wuerden wir das Leben wirklich nicht aushalten, wenn wir mit allen mit-litten. Aber die medien-vermittelte Betroffenheit sieht echtem Leid zwar oft aehnlich, aber der Unterschied ist natuerlich, dass bei echtem Leid auch zehn Jahre nicht helfen. Dann wird nichts mehr wie frueher. Und Gott sei Dank, auch ich spreche nicht aus first hand Erfahrung, sondern nur als Nachbarin.
naja, die alte geschichte. ‘nach auschwitz’… es stimmt, es stimmt nicht, daß es kein danach gäbe. jedesmal. :-(