Vor einigen Tagen befand ich mich in einem Raum voller fremder Menschen. Wir saßen rund um einen Tisch im vierten Stock eines Gebäudes mitten in Frankfurt, draußen neigte sich ein ganz normaler Arbeitstag dem Ende zu, Rushhour in der Innenstadt, Verkehrslärm drang durch die gekippten Fenster. Selten in meinem Leben war draußen so sehr draußen.
Drinnen führte eine Krankheit Menschen zwischen 20 und Mitte 60 zusammen. Betroffene vor allem, aber auch Angehörige wie mich und einige, die beruflich damit zu tun haben. Ich weiß nicht genau, was ich von diesem Gründungstreffen einer Selbsthilfegruppe erwartet hatte. Aber ich wundere mich über mich selbst: Wie konnte ich nur so gründlich vergessen, wie gut das tut: zu merken, dass man nicht alleine ist? Dabei hatte ich genau diese Erfahrung schon einmal gemacht, vor drei Jahrzehnten und in einem völlig anderen Zusammenhang.
Zwei Stunden später stand ich wieder auf der Straße. Der Autoverkehr hat sich gelegt, in den Supermärkten erledigten Menschen schnell noch ihre Einkäufe. Jeder scheint geschäftig, und jeder scheint unterwegs irgendwohin: Nach Hause, zur Familie, zur Kneipe, wo Freundinnen warten.
Manche setzen in Wahrheit nur einen Fuß vor den anderen. Weil es ja irgendwie weitergehen muss.
Nur den wenigsten sieht man das Gefängnis an, in dem sie leben.