Die Vorgänge im Mittelmeer werden immer grotesker. Europa schottet sich immer weiter ab, die Kernländer der EU lassen die Mitgliedsstaaten an den Außengrenzen völlig allein, Politiker reden fast ausschließlich über die bösen Schlepper und nun auch über die bösen NGOs, auf deren Schultern die Mühe um die Rettung von Menschenleben inzwischen quasi allein ruht. Aus dem ohnehin nicht ernstgemeinten Gerede über das Bekämpfen von Fluchtursachen ist ein vehementes Bekämpfen von Schlauchbooten und Außenbordmotoren geworden. Das ist nur noch zynisch.
Sie müssten ihrem Wahlvolk sagen, was Sache ist: “Leute, die Welt ist ein Scherbenhaufen, daran haben wir gut mitverdient, und unser Wohlstand ist aufgebaut auf der Armut von Menschen, die nun mal das Pech haben, auf der falschen Seite des Mittelmeers geboren zu sein. Im übrigen: 2015 und 2016 war noch gar nichts gegen das, was uns in Zukunft erwartet. Also stellt euch darauf ein, dass ihr mittelfristig abgeben müsst. Oder, präziser: Dass ihr einen Teil der Beute zurückzahlen werdet, und sei es nur, indem ihr Menschen freundlich in eure Mitte aufnehmt.”
Stattdessen aber befeuern Politiker wie unser Bundesinnenminister mit menschenverachtenden Äußerungen noch die rechtsextremen “Identitären”, die nun kampfeslustig ausgezogen sind, die flüchtenden Frauen, Männer und Kinder direkt auf See abzufangen.
Nazi-Matrosen: Möget ihr wochenlang seekrank über der Reling hängen!
Die “C Star”, das Schiff voller rechtsextremer Klabautermänner, hat inzwischen Kurs auf die libysche Küste genommen. Die “Identitären” hatten im Frühjahr ein Boot gechartert und sind unter mongoloíscher Flagge in See gestochen, um “Europa zu verteidigen”. Man kann sich in etwa vorstellen, was da für Typen an Bord sind – und dass diese Herrenmenschen sich vermutlich für so etwas wie die neuen Kreuzritter halten. Meine Kollegin Katja Thorwarth hat unlängst hier analysiert, worum es den Rechten bei der spektakulären Aktion eigentlich geht.
Ich wünsche jedem Einzelnen der Nazi-Matrosen die Seekrankheit an den Hals. Mögen sie wochenlang über der Reling hängen und sich so lange die schwarze Seele aus dem Leib kotzen, bis sie darum betteln, nach Hause zu dürfen, zurück in die kuschelige Sicherheit der europäischen Wohlstandsgesellschaft.
Letzte Woche saß ihr Kahn auf Zypern fest, der Kapitän und mehrere Mitglieder der Besatzung waren wegen des Verdachts der Schlepperei (!) vorübergehend in Haft (hier habe ich aufgeschrieben, wie es dazu kam). Nach zwei Tagen konnte die “C Star” den Hafen von Famagusta wieder verlassen – das angebliche Ziel: Sizilien. Stattdessen konnte man auf der Schiffstracking-Plattform Marinetraffic zuschauen, wie sie südlich von Zypern mehrere Schleifen drehte, als sei der Kapitän besoffen. Ich habe das mal hier festgehalten:
Kurz darauf meldeten die Rechtsextremen via Twitter, nun seien alle Aktivisten an Bord, und die Mission könne beginnen. Seit mehreren Tagen schippert die als “Forschungsschiff” klassifizierte “C Star” westwärts. Vor Libyen werden die europäischen Rassisten Ausschau nach Booten halten, in denen sie Angehörige minderwertiger Herkunft vermuten, die es wagen, vor Krieg und Armut nach Europa fliehen zu wollen – und dann alles zu tun, damit die Erbarmungswürdigen umkehren müssen. Man kann nur inständig hoffen, dass die selbsternannten Verteidiger des Abendlandes dabei nicht Menschenleben gefährden.
Wo Retter und Rassisten im Mittelmeer aufeinandertreffen
Die “C Star” nähert sich damit jetzt auch dem Einsatzgebiet der privaten Seenotretter wie Sea-Watch, Sea-Eye, SOS Meditéranée und anderen (die übrigens allesamt Spenden brauchen können). Auch hier kann man nur wünschen, dass es nicht zu Auseinandersetzungen kommt. (Über Sea-Watch hatte hier hier schon einmal geschrieben.)
Die aktuellen Positionen einiger Seenotretter laut Vesselfinder:
Dank “Automatic Identification System” kann man die Position von Schiffen weltweit in Echtzeit mitverfolgen. Das System sendet regelmäßig Daten wie Position und Geschwindigkeit – das soll die Sicherheit auf See verbessern. Ab einer bestimmten Größe müssen Schiffe mit AIS ausgerüstet sein, auch die “C Star” mit ihren knapp 40 Metern Länge fällt darunter (Datenblatt der Reederei, PDF). Normalerweise senden AIS-Systeme die Daten in Intervallen von einigen Sekunden, allenfalls von Minuten, für die “C Star” hingegen liegen die Daten nur in unregelmäßigen Abständen vor.
Der Screenshot zeigt die Abstände zwischen den von Marinetraffic registrierten AIS-Signalen der “C Star”:
Vesselfinder zeigt aktuell noch die Position an, die die “C Star” am 2. August um 3:13 Uhr unserer Zeit funkte. Das Rassisten-Schiff befand sich demnach zu dieser Zeit vor der Südküste von Kreta. Laut Marinetraffic sind die Identitären inzwischen aber in der Großen Syrte, der Bucht vor Libyen. Doch auch auf dieser Tracking-Plattform lagen teilweise größere zeitliche Abstände zwischen zwei Positionsmeldungen.
Die aktuelle Position der “C Star” (türkisfarbenes Schiffssymbol) – zur besseren Orientierung aus der Karte herauszoomen: