Margarethe Pape wird 1861 im Alten Land geboren – arm, und das wird sie bis zu ihrem Lebensende bleiben. In Stade bringt sie sich und ihr uneheliches Kind als Schneiderin durch.
Sie wird drei Mal heiraten und insgesamt sechs Kinder bekommen, die fast alle im Armenhaus aufwachsen. Ihre Männer sterben ihr weg. Mit ihrem dritten Mann Ludwig Flint eröffnet sie ein Fischgeschäft in Stade und kutschiert Fische in einem Kinderwagen, in die sie eine Zinkwanne eingesetzt hatte, zum Verkauf auf den Pferdemarkt – immer von einem Tross Katzen verfolgt.
Noch bis ins hohe Alter von 87 Jahren steht Margarethe Flint mit ihren Fischen auf den Gassen der Altstadt. Jungs ärgern sie, rufen ihr “Mutter Flint mit’m Stint” nach. Als sie mit 90 Jahren stirbt, scheint den Stadern etwas zu fehlen. So untrennbar gehörte sie zum Stadtbild, dass die Stader “Mutter Flint” am Alten Hafen ein Denkmal gesetzt haben.
Heute macht jede Stadtbesichtigung Station an dem Denkmal, und weil ich mich an diesem Morgen im Cafe direkt daneben in der Sonne niedergelassen habe, erlebe ich gleich mehrere hautnah. Drei Gruppen werden von Stadtführerinnen begleitet – sie alle erzählen mit viel Empathie Anekdoten über Margarethe Flint (aus dem Gehörten kann ich diesen Artikel aufschreiben). Eine steuert sogar die Geschichte von ihrer betagten Nachbarin bei, die “Mutter Flint” als kleines Mädchen noch gekannt habe. Nur bei einer Gruppe ist das anders. Sie wird von einem Mann geführt, und die Gäste, die das Pech haben, von ihm die Stadt gelotst zu werden, erfahren lediglich das Folgende über die Frau: “War ‘ne Fischverkäuferin hier in Stade. Ein ganz armes Schweinchen. So einen Hut wie hat sie übrigens nie getragen.” Und im Weitergehen wiederholt er noch einmal: “Ein ganz armes Schweinchen.”