Premium-Radroute! Beliebtester Radweg Deutschlands! 1a-Genussradeln für Groß und Klein zwischen Wasser und Weinbergen! Beschreibungen des Moselradwegs strotzen nur so von Superlativen. Wir haben uns selbst ein Bild gemacht und festgestellt: Der Moselradweg ist an vielen Stellen tatsächlich superschön, an manchen eher so mittelschön und hier und da fast gar nicht schön. Aber das ist wirklich selten. Alles in allem wird der Moselradweg seinem guten Ruf vielerorts gerecht – wo genau (und wo nicht), das erzählt dieser persönliche Reisebericht.
Profil: Weitgehend flach, wenige kurze Steigungen, teilweise verlaufen Radwege an der Straße
Persönliche Highlights: Basilika, Park des Kurfürstlichen Schlosses und Karl-Marx-Haus in Trier, Detzemer Wald, Neumagen-Dhron, Kanonenbahn-Viadukt bei Pünderich, Marienburg, Bremm und die Calmont-Region, Beilstein mit Burg Metternich, Alken, Cochem, Naturschutzgebiet Pommerheld, die Strecke zwischen Kobern-Gondorf und Winningen, die Fahrt in der Kabinenseilbahn zur Festung Ehrenbreitstein – und die Sparkassenfiliale von Trier-Pfalzel. ;)
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Himmelsrichtung und Etappenplanung
Das Wichtigste vorweg: Dass der Moselradweg keinerlei Steigungen hat, stimmt so nicht. Auf die Richtung kommt es an. Wer ihn Südwest nach Nordost radelt, also flussabwärts, rollt ganz sachte, aber doch fast stetig bergab. Umgekehrt ist es – eben umgekehrt. In beiden Richtungen gilt: An wenigen Stellen, zum Beispiel Brückenaufgängen, muss man vor allem mit Gepäcklast teils ordentlich treten, aber das sind tatsächlich immer nur Mini-Abschnitte.
Vier Tage Radelzeit – das reicht, um der Mosel ganz bequem über den größten Teil ihres windungsreichen Wegs durch Deutschland zu folgen, genauer gesagt: Von Trier bis zur Mündung in den Rhein bei Koblenz. In Trier gibt es allerdings so viel zu sehen, dass die Abreise von dort fast schwer fällt – und man gut daran tut, ein, zwei Tage für die Stadt einzuplanen. Starten kann man dann direkt vor der Porta Nigra – hier führt ein Radweg vorbei, der zum Fluss bringt.
Etappe 1: Trier – Neumagen-Dhron (ca. 44 km)
Radler_in, stehst du in Trier an der Kaiser-Wilhelm-Brücke und fragst dich, auf welcher Seite des Flusses du nach Norden fahren solltest: Versuch es mal mit der links der Mosel. Sicher bin ich zwar nicht, aber vielleicht hast du dort mehr Glück als wir mit der rechten Seite. Obwohl es auch dort zunächst idyllisch losgeht: Anfangs führt der Weg am Wasser entlang, am Zurlaubener Ufer mit seinen Lokalen mit Moselblick-Biergärten vorbei, und selbst dem morbiden Charme eine Gebäuderuine, die zu einer längst außer Betrieb genommenen Kabinenseilbahnstation gehört, kann mancher bestimmt etwas abgewinnen. Wurzeln grüßen die Radlerin durch den sich buchstäblich aufbäumenden Asphalt des schmalen Rad- und Fußwegs. Obwohl doch recht nah an der Innenstadt, wirkt das Moselufer hier wie im Dornröschenschlaf, gerade so, als hätten die Stadtplaner es übersehen (was ja sein Gutes haben kann). Statt Touristen begegnen uns hier vor allem Trierer, die ihre Hunde ausführen, und das eine oder andere Liebespaar auf einer Bank. Ein von den Massen verschontes Stück Moselufer, ein bisschen vernachlässigt – ich mag solche Orte ja.
Aber es wird so nicht bleiben, die Planungen für die Umgestaltung als städtische Promenade laufen. Aber bitte, Trier: Nimm dabei vor allem mal die unsägliche Verkehrssituation in Trier-Nord in Angriff. Die B49 schneidet die Stadt hier vom Fluss ab. Sie ist von Lärmschutzmauern gesäumt, Fußgänger und Radfahrer werden wie die Kröten am Zaun parallel zur Piste entlang geleitet, bis sie durch Tunnel die Straße unterqueren dürfen. Und die sind nichts für empfindliche Näschen. Vermutlich wäre es sogar angenehmer, in einen Krötensammeleimer zu fallen, als durch diese überdachte Kloake zu marschieren. Hör mal, Trier, du älteste Stadt Deutschlands, größte römische Stadt und Kaiserresidenz nördlich der Alpen, ältestes Bistum mit dem einzigen Apostelgrab nördlich der Alpen und mit dem Karl-Marx-Haus als einem der ambitioniertesten Geburtshaus-Museen, das ich kenne: Reichen dir all diese Rekorde noch nicht? Willst du partout auch die unangenehmsten Unterführungen nördlich der Alpen haben? Nein? Dann tu was dagegen.
Karl Marx, in Trier geborener Philosoph und Journalist (1818-1883)
Wir haben Glück, wir sind an diesem Maimorgen ja bereits auf der richtigen Seite der Straße, am Fluss. Der Weg führt uns aber bald vom Wasser weg und durch ein nur mäßig idyllisches Gewerbegebiet, in dem noch dazu eine Baustelle den direkten Weg blockiert und uns zwingt, noch weiter auszuholen, um das Industriegebiet zu umfahren. Nach diesem Bogen folgen wir einem Radwegschild nach rechts – ein Fehler. Wir verfransen uns und werden von einem ebenso freundlichen wie ortskundigen Radfahrer zu der Eisenbahnbrücke geleitet, die uns direkt ins gegenüberliegende Pfalzel bringt.
(In diesem Trierer Stadtteil, das muss hier Erwähnung finden, gibt es eine Filiale der Sparkasse, und in dieser Filiale arbeiten ausgesprochen nette Menschen, die bereitwillig ihren Waschraum für ölverschmierte Mosel-Radlerinnen aufschließen, die gerade die erste Panne hatten, weil sich zwei Kettenglieder zwischen den Zahnkränzen verklemmt haben, passenderweise direkt über dem Fluss, mitten auf der Eisenbahnbrücke.)
Pfalzel, am linken Moselufer gelegen, kann man von der Trierer Innenstadt aus also auch direkt über das linke Flussufer ansteuern, und nach unseren Erfahrungen in Trier-Nord ist das mutmaßlich die bessere Variante. So oder so: Der Stadtteil ist hübsch! Pfalzel hat einen dörflichen Charakter, einen Kirchplatz, an dem das älteste (bewohnte) Steinhaus Deutschlands steht, und – Pfalzel war mal Sommerresidenz der römischen Kaiser und Trierer Kurfürsten – Reste einer trutzigen Bastion am Ufer. Kaum hat man diesen Anblick genossen, verlässt der Radweg erneut die Mosel und führt direktemang durch den Hafen. Jaja, Trier hat einen Hafen! Einen richtigen, mit gestapelten Containern, auf denen “China Shipping” steht! Auf der Mosel selbst werden uns in den kommenden vier Tagen nur wenige “Pötte” begegnen. All die Schleifen und Schlaufen, die auf ihrem Weg durch den Schiefer zwischen Hunsrück auf der rechten und Eifel auf der linken Seite dreht, halten die Binnenschifffahrt vermutlich über Gebühr lange auf.
Bei Issel wechseln wir über eine Brücke erneut ans rechte Moselufer. Diesmal bereuen wir’s nicht. Die Strecke am Detzemer und Trittenheimer Wald entlang schenkt uns schöne Aussichten auf die steilen Weinhänge und den seelenruhig dahinziehenden Fluss. In der Nähe von Detzem informiert eine Schautafel über die Staustufen der Mosel. Fast 30 sind es insgesamt, zehn davon auf unserer Route.
Bald erreichen wir Neumagen, unser erstes Etappenziel. Hier gefiel es schon dem römischen Kaiser Konstantin so gut, dass er sich im 4. Jahrhundert einen Sommersitz an diesem Ort einrichtete. Die römische Via Ausonia, die Mainz und Trier verbindet, führt hier vorbei.
Etappe 2: Neumagen-Dhron – Traben-Trarbach (47 km)
Bevor wir Neumagen am nächsten Morgen verlassen, werfen wir in der Ortsmitte einen Blick auf die Nachbildungen archäologischer Funde aus der Zeit Konstantins: das steinerne “Weinschiff” und die “Schulszene”. Wir bleiben auf der rechten Moselseite und haben bald einen schönen Blick auf einen der bekanntesten Orte an der Mosel.
Mary Shelley, Schriftstellerin (1797-1858) und Moselreisende
Nunja, vom gegenüberliegenden Ufer aus sieht Piesport eigentlich recht gemütlich aus, von der Sonne beschienen – und vom Glück: Vor einigen Jahrzehnten entdeckten die Piesporter zufällig beim Flurbereinigen eine römische Kelteranlage (die größte nördlich der Alpen, klar), restaurierten einen Teil davon und feiern seither jedes Jahr im Oktober ein römisches Kelterfest. Getrunken wird dabei sicher jede Menge Piesporter Goldtröpfchen. Womöglich hätte ein Glas Wein aus dieser Lage auch Mary Shelley mit Piesport versöhnt. Vielleicht konnte die Reisende ja dem benachbarten Minheim mehr abgewinnen: Das Dorf ist in gleich drei Himmelsrichtungen von der Mosel umgeben.
Wenig später kündet ein überfüllter Parkplatz am Ufer davon, dass wir Bernkastel-Kues erreichten.
Ich sach ma so: Wer die Rüdesheimer Drosselgasse mag, wird Bernkastel-Kues lieben. Wer nicht, nicht. Das Eis ist in jedem Fall gut. Und ich weiß jetzt auch, warum der “Bernkastler Doctor” bei Edeka im Weinregal ganz oben bei den teuren Flaschen steht: Die Legende sagt, der Wein habe den schwerkranken Kurfürst Boemund II. geheilt. Man möchte es ja gerne glauben.
Vielleicht hätten wir es probieren sollen. Denn weinselige Gelassenheit hätte den Schrecken, der uns bei Ürzig erwartet, vielleicht ein wenig abgemildert …
Gigantische Stahlbetonpfeiler sind hier in den Boden gerammt. Auf ihnen soll ab 2018 (oder so, bei Großprojekten weiß man das ja nie so genau) die Bundesstraße 50 auf der Moselhochbrücke in 160 Metern Höhe das Tal überqueren. Dann kann man mit dem Auto in luftiger Höhe über Weinlagen wie Bernkasteler Lay oder Graacher Himmelreich brettern. Auf der Eifel-Seite hat jemand mit weißer Farbe “Bildung statt Brücke” an den blanken Fels gepinselt.
In einem Märchen heißt es über die Mosel:
Brüder Grimm, Die sieben Schwaben
Nun, wie’s scheint, ist die Zeit der Märchen an der Mosel vorbei.
Hinter Kindel beginnt eine nun wieder schönere Strecke, vorbei an der wohl berühmtesten Weinlage der Mosel, dem Kröver Nacktarsch. Wie sowas schmeckt, dazu später mehr. Immer noch rechts der Mosel rollen wir nach Traben-Trarbach, das uns am Ortseingang mit einem Angebot begrüßt, das wir hier so gar nicht erwartet haben: Ein privater Buddhastatuen-Sammler hat ein ehemaliges Weingut zum Buddha-Museum umfunktioniert, in dem man Wissenswertes über die Religion erfahren kann.
Traben-Trarbach also. Ich sach ma so: Wenn Sie können, dann radeln Sie am besten glech weiter. Vor allem Traben am linken Ufer ist ein unwirtlicher Flecken Erde. Leerstehende Läden, blind gewordene Schaufensterscheiben, heruntergekommene Fassaden, an die man sich als Fußgänger eng herandrücken muss, denn die Bürgersteige sind mitunter schmal und der Lastwagenverkehr, der sich mitten durch den Ort quält, kommt einem an manchen Stellen gefährlich nah. Etwas besser sieht es in Trarbach rechts der Mosel aus: In der kleinen Fußgängerzone haben mehrere Restaurants geöffnet, teilweise mit Moselblick.
Traben-Trarbach – Cochem (ca. 47/57 km)
Für mich die schönste unserer vier Etappen! Ohne nennenswerten Abschiedsschmerz verlassen wir Traben-Trarbach, rollen links der Mosel zunächst am Fluss entlang, dann zwischen Kövenig und Reil auf der Kreisstraße weiter. Dass es auf diesem Abschnitt keine eigene Radspur gibt, ist gar nicht weiter schlimm, denn die K65 ist hier nicht allzu stark befahren und führt zudem durch eine herrliche Landschaft an den Rebhängen vorbei. Zurück am Moselufer, genießen wir in dem idyllischen Weinort Reil den Blick auf den offensichtlich ebenso idyllischen Weinort Burg auf der anderen Seite des Flusses. (Gibt es an der Mosel überhaupt nicht-idyllische Weinorte? Ich meine, mit Ausnahme von Traben-Trarbach?)
Zehn Sekunden Moselradweg hinter Traben-TrarbachWem hier nun der Sinn nach Abwechslung steht, weil der Bobbes eine Pause vom Fahrradsattel braucht, kann sich zu einer Höhenwanderung über den Reiler Hals zur Marienburg aufmachen. Aber auch der Radweg dorthin hat tolle Aussichten zu bieten, denn die Mosel dreht hinter Reil eine ihrer (für mich) schönsten Schleifen. Eines der Highlights ist das Hangviadukt der “Kanonenbahn”, die ihren Namen noch aus preußischer Zeit hat, als sie mit Militär und Material beladen von Berlin nach Metz schnaufte. Auf fast 800 Metern Länge reihen sich knapp 100 gemauerte Gewölbebögen aneinander, bevor die Bahnstrecke wieder in einem der vielen Tunnel verschwindet.
Bald nach der Anlegestelle der Fähre nach Pünderich zweigt ein asphaltierter Weg halblinks in die Weinberge ab. Folgt man ihm für einen Abstecher bis ganz oben, erreicht man die Marienburg.
Das ehemalige Kloster, das auch mal Festung war und heute unter anderem eine Jugendbildungsstätte des Bistums Trier beherbergt, liegt in spektakulärer Lage auf dem schmalen Kamm, der sich zwischen Mosel und Mosel erstreckt. Nach seiner nächsten Kurve bei Zell begegnet der Fluss sich hier nämlich sozusagen selbst. Der oben erwähnte Eisenbahn durchquert diese Wespentaille, kommt auf der anderen Seite bei Bullay wieder heraus und spart sich somit eine Moselschleife.
Eigentlich eine gute Idee.
Wir machen’s genauso und rollen von der Marienburg auf der anderen Seite die Serpentinenstraße zur Mosel hinab Richtung Alf. Rund zehn Kilometer kürzen wir auf diese Weise ab. Vielleicht hätten wir uns den Zeller Hamm aber doch noch einmal genauer anschauen sollen, bevor sich die Gegend voraussichtlich ab dem Jahr 2016 deutlich verändern wird. Dann soll der Bau des Ferienparks “Marina Weingarten” beginnen, gegen den sich eine Gruppe von Einheimischen und Winzern wohl vergeblich gestemmt hat.
Zwischen Alf und Bullay quert eine denkmalgeschützte Doppelstockbrücke die Mosel: oben Eisenbahn, unten Autos. Das erste Bauwerk dieser Art in Deutschland und als wichtige Nachschubverbindung im Zweiten Weltkrieg Ziel von Bombardierungen der Alliierten, wovon im Wald auf dem Petersberg noch heute Trichter im Erdreich zeugen.
Wir fahren weiter am linken Ufer, in die Calmont-Region, wo der Moselradweg sich von seiner besten Seite zeigt. Die landschaftlich wunderschöne Biege, die der Fluss bei Bremm macht, eröffnet den Blick auf eine merkwürdige Ruine: Vom adligen Frauenkloster Stuben, direkt am Wasser gelegen, steht nur noch eine dach- und fensterlose steinerne Halle. Am Calmont sehen wir ein schon gewohntes Bild: Paraglider drehen ihre Kreise über den Steilhängen der Weinberge. Direkt nach der Eisenbahnbrücke soll in Eller der angeblich steilste Weinberg der Welt liegen. Aber wie soll man diesen spektakulär steilen Weinberg von all den anderen spektakulär steilen Weinbergen an der Mosel unterscheiden? Wir jedenfalls schaffen’s nicht.
Hunger? Dann liegt jetzt ein Imbiss auf dem Weg. Wenn Sie es aber noch ein paar Minuten länger aushalten, radeln Sie weiter bis Senhals, dort gibt es schönere Einkehrmöglichkeiten, mit Moselblick und Moselwein.
Kurt Tucholsky, Schriftsteller (1890-1935) und Moselreisender
An dieser Stelle müssen wir mal über Wein reden. Ganz unten am südwestlichen Zipfel der Mosel wächst ein bisschen Elbling, den die Römer einst mitbrachten. Ansonsten aber gilt: Moselland ist Riesling-Land. An der Mosel mache ich zudem eine erstaunliche Entdeckung: Auch trockene Rieslinge kann man trinken! Von Weinexperte Werner Eckert habe ich gelernt: Auf den insgesamt 8000 Hektar extrem steilen und nach Süden ausgerichteten Schieferhängen an der Mosel können die Reben dank des Klimawandels inzwischen lange genug reifen, um einen hervorragenden Riesling abzugeben.
Mein persönlicher Favorit auf der Tour wird ein 2013er Riesling Hochgewächs Alkener Burgberg aus dem Weingut Brachtendorf. Lecker im Restaurant Lekker ;) ist ein 2012er Weinschröter Dhroner Hofberger vom Weingut Bollig. Ungetrunken bleibt hingegen das Piesporter Goldtröpfchen – ich glaube, es ist die Assoziation, die mich da irgendwie gebremst hat. Und schließlich ergibt der Feldversuch, dass der ach so berühmte Kröver Nacktarsch mit Restsüße vor allem eins macht: einen dicken Kopf. (Nicht was Sie jetzt denken. Es war wirklich nur ein Glas!)
Auf dem Weg nach Cochem erregt ein Ort auf der anderen Moselseite unsere Aufmerksamkeit. Beilstein, überthront von der trutzigen Burg Metternich, ist ein Bilderbuch-Fachwerkdorf zwischen Weinhängen. Beilstein war schon Kulisse diverser Filme, unter anderem mit Heinz Rühmann. Eine Fähre verbindet hier beide Ufer, und wer Zeit hat, sollte übersetzen und sich Beilstein von nahem ansehen.
Über Ernst erreichen wir bald darauf Cochem, das Ziel dieser Etappe. Auch hier ist viel los, aber trotz der Touri-Gruppen fühle ich mich hier wohl. Cochem wirkt auf mich nicht so kulissenhaft herausgeputzt wie Bernkastel-Kues und sehr viel einladender als Traben-Trarbach.
Zwar werden wir gewarnt vor den überhöhten Preisen in den Cafès am Moselufer (“Sie zahlen da den Blick mit!”) und vor angeblich schlechtem Essen im Schnitzelhaus (“Schon mehrere unserer Gäste haben darüber geklagt!”). Aber egal: Cochem ist auf jeden Fall einen Halt wert, auch wenn das Glockenspiel, das im Haus Brillen-Müller am Marktplatz mehrmals am Tag erklingt, durchaus mal gestimmt werden könnte. Hören Sie selbst:
Glockenspiel am Marktplatz zu Cochem
Cochem – Koblenz (ca.50 km)
So wie die dritte Etappe die schönste war, so wird diese vierte die unangenehmste – mit Ausnahme der ersten und der letzten jeweils gut zehn Kilometer. Der offizielle Radweg führt ab Cochem links der Mosel weiter, und das bis etwa Lehmen direkt an der Bundesstraße. Zum Glück beherzigen wir einen weiteren Tipp aus Cochem und radeln stattdessen an der rechten Moselseite durchs Naturschutzgebiet Pommerheld. Der Weg ist hier zwar nicht befestigt, es geht über Schotter und Waldwege. Mit Trekkingrädern ist er aber ganz gut zu bewältigen, und die Entscheidung für diese Strecke erweist sich spätestens auf dem “Laach” als goldrichtig. An diesem etwas erhöht verlaufenden Weg kurz vor Treis-Karden laden mehrere Bänke zu einer Pause mit tollem Blick ein – man sollte diese Einladung nicht ausschlagen!
In Treis-Karden könnten wir die Moselseite wechseln, doch wir bleiben rechts. Wirklich glücklich werden wir damit nicht: Die Strecke verläuft nun auch hier an der Bundesstraße. Allerdings passiert man einige schöne Orte, darunter Alken, wo sich eine Pause anbietet (Empfehlung: “Winzerstube”).
Irgendwie schlagen wir uns mehr schlecht als recht von hier bis zur Brücke nach Kobern-Gondorf durch, dann geben wir die Sache mit der rechten Moselseite endgültig auf und wechseln ans andere Ufer. Das wiederum lohnt sich, denn hat man mal die Kläranlage hinter sich gelassen, versöhnt der letzte Abschnitt doch noch mit dieser Etappe. Noch einmal geht es vorbei an steilen Rebhängen mit einem tollen Blick auf den Fluss. Die Mosel geht hier in die Breite und zieht nahe der schwindelerregenden Moseltalbrücke bei Winningen viele Wassersportler an.
Noch ein paar sanfte Schleifen dreht sie nun, bevor sich die Mosel im Koblenzer Stadtteil Metternich ein letztes Mal abrupt nach Osten wendet. Der Rhein wartet dort schon, um sie mitzunehmen in die Nordsee.
Vom Deutschen Eck aus fährt seit der Bundesgartenschau vor einigen Jahren eine Seilbahn zur Festung Ehrenbreitstein. In der verglasten Kabine hat man einen Logenplatz über der Moselmündung, die künstlich aufgeschüttete Landspitze und das pompöse Kaiser-Wilhelm-Denkmal darauf. Oder anders formuliert:
Kurt Tucholsky
Hier nehmen wir ein bisschen wehmütig Abschied von der Mosel. Schön war es, sie über gut 200 Kilometer auf ihrem gewundenen Weg zu begleiten.
Und wie aus Trotz bleibt die Mosel auch nach ihrer Mündung in den Rhein noch eine ganze Weile erkennbar – am dunkleren Wasser.
Toll, ein einzigartiger wunderbarer Reisebericht, eine Perle des Internets.
:)
da war ich als kind oft. nicht mit dem rad, mit erwachsenen. seltsame erinnerungen. ach.
Meine Kindheitsausflüge gingen immer in den Rheingau. Damals hab ich es gar nicht gemocht (bäh, schon wieder Spaziergänge in den Weinbergen!), heute mag ich die Gegend dort sehr und fühle mich immer, als würde ich nach Hause kommen. Seltsam, wie sich die Wahrnehmungen ändern.
Wie alles im Leben hat anscheinend auch der Mosel-Radweg Licht und Schatten. Da wir die Mosel “vom Auto her ” kennen und immer sehr idyllisch fanden, werden wir es jetzt auch einmal mit dem Rad probieren und die ” unschönen ” Stellen in Kauf nehmen. Danke für den netten und ehrlichen Bericht.
Das habe ich jetzt mit Genuss gelesen, da ich die meisten Orte kenne und immer wieder gerne an die Mosel fahre.
Übrigens, wir ‘kennen’ uns, von früher (Ingis Strandgut).
Herzliche Grüße, Ingrid
Ingrid, wie schön, dich hier zu sehen! Ich freue mich – auch darüber, dass dir der Reisebericht gefällt. :)
Rafolga, ich wünsche eine gute Tour und viel Spaß!
Wir wollen als Niedersachsen den Moselradweg Ende Mai 2016 in Angriff nehmen. Zwecks Information sind wir auf deinen Reisebericht gestoßen. Sehr interessant, informativ und ehrlich! (Würden am liebsten gleich aufbrechen.)
Vielen Dank – und viel Spaß auf eurer Tour! Ihr werdet sie sicher genießen!