In und um die Stadt wird überall über den traurigen Tod der 22-jährigen Offenbacherin gesprochen, die sich mutig eingemischt hatte, als zwei junge Frauen Hilfe brauchten, die dafür auf einem Parkplatz verprügelt und knapp zwei Wochen später für hirntot erklärt wurde. Heute, an ihrem Geburtstag, zugleich der Tag, an dem die Maschinen abgestellt werden, wandern meine Gedanken immer wieder rüber in die Nachbarstadt. Dort versammeln sich gerade in diesen Minuten viele Menschen vor dem Krankenhaus und trauern gemeinsam.
Ich wünschte, dass die Hohlköpfe, die in den sozialen Netzwerken zum Schlachten des Täters aufrufen, sich zum Lynchmord verabreden und auch die Familie des 18-Jährigen bestraft sehen wollen, mal kurz innehalten und sich fragen, wie Tugçe A. das wohl so fände. Sehr wahrscheinlich, dass sie sich angewidert abwenden würde.
Dabei finde ich ja auch, dass ihr Tod Folgen haben sollte – die nämlich, es ihr nachzutun: Zivilcourage zu zeigen. In Frankfurt und Offenbach gibt es, wie in vielen anderen Städten, reichlich Gelegenheit dazu, leider. Und: Organspender zu sein. Vor allem letzteres ist so einfach. Sich einmischen, wenn andere bedroht werden, ist schon schwieriger. Die Strategie, in solchen Situationen andere Unbeteiligte persönlich zum gemeinsamen Eingreifen aufzufordern, wird immer wieder genannt. Eine andere (mir bislang unbekannte) ist die, nicht mit dem Täter zu reden, ja ihn gänzlich zu ignorieren, sondern sich ausschließlich an das Opfer zu wenden und Hilfe anzubieten. Und zu versuchen, immer mindestens vier Meter Abstand zum Täter zu halten: Dem Opfer eine Brücke bauen.