Dieser Tage wurde eine Nachbarin vom ASB aus ihrer Wohnung geholt. Die Männer trugen sie, im Rollstuhl sitzend, aus dem vierten Stock die Treppe herunter.
Als ich in dieses Haus zog (und das war doch quasi gerade erst gestern …), traf ich die ältere Dame fast täglich im Treppenhaus – immer war sie gerade auf dem Weg irgendwohin oder kam gerade von irgendwoher. Angebote, ihr mal was beim Einkaufen mitzubringen, lehnte sie stets dankend ab: Sie müsse in Bewegung bleiben, sagte sie. Nein, ein Umzug in eine Erdgeschosswohnung, das käme nicht in Frage. Der vierte Stock, das sei ihr Garant für Bewegung.
Irgendwann sah ich sie seltener. Dann gar nicht mehr. Ein Nachbar erzählte, sie sei im Krankenhaus. Als sie zurück kam, konnte sie nur noch mühsam einen Schritt nach dem anderen tun. Vor der Haustür parkte fortan ein Rollator. Ich gab ich ihr meine Handynummer und sagte ihr, sie könne immer anrufen, wenn sie Hilfe braucht. Sie bedankte sich herzlich. Angerufen hat sie nie. Täglich kam eine eine Pflegerin. Ihr Sohn kam auch, ich sah ihn zwei oder drei Mal.
Nun also transportierten die Männer sie sitzend aus dem vierten Stock die Treppen herunter. Ich habe mich von ihr verabschiedet und weiß nicht, ob sie wiederkommen wird. Ich glaube, sie weiß es selbst nicht.
Während man so sein Leben lebt, durch seinen Alltag hetzt, sich ein Wettrennen mit der Zeit liefert und sich den Kopf über durch tausend unwichtige Dinge zerbricht, kann das Wesentliche sich auf leisen Sohlen einfach davon stehlen. Ziele, Träume, Gespräche – noch die unbedeutendste Kleinigkeit erscheint wichtiger als diese Dinge. Später! Später ist immer noch Zeit. Ist es das? Wer weiß.
Die Kabarettistin Monika Gruber beendet ihr aktuelles Programm mit einer traurigen Geschichte. Es geht um Einsamkeit, um Tod, um ungelebtes Leben – und um die blaue Müllsäcke, die am Ende übrig bleiben.