Amerika liebt uns

Guten Morgen, Amerika. Die Bangor Daily News fragt heute auf ihrer Titelseite, ob sich der Kampf gegen den Terror gelohnt hat: “After thousands killed and billions of dollars spent: Are we safer?” Wir wissen es auch nicht. Aber wir sind gewarnt. Immer, überall und vor jeder nur denkbaren Gefahr. Die Straße könnte rutschig sein. Unter Umständen wäre es möglich, dass Fußgänger, Elche oder herabfallende Steine den Weg kreuzen, also halten Sie sicherheitshalber an. Das Schild, auf dem “No life guard on duty” steht, ist fast so groß wie der ganze unbewachte Pool. Ein Aufkleber auf einem T-Shirt mit einem aufgedruckten Kompass weist vorsichtshalber darauf hin, dass sich dieses Stück Stoff nicht zum Navigieren auf hoher See eignet. Gut, dass man uns das gesagt hat.

Anderthalb Tage und eine Nacht lang hat es durchgeregnet. Als der Himmel aufreißt, dampfen dicke Wasserdunst-Schwaden aus den Wäldern, die sich an der zerfransten Küste von Maine von den Bergen fast bis hinunter ans Meer erstrecken. Die Wellen rollen donnernd gegen zerklüftete Felsen an, Gischt schäumt viele Meter hoch auf. Dies ist der Acadia National Park auf Mount Desert Island am Ende der Welt im äußersten Nordosten der USA.

Ende des 19. Jahrhunderts schnappen sich die Rockefellers, Fords, Vanderbilts und Astors diesen Flecken Erde, bauen ihre Sommerhäuser, machen die Insel zu einem Refugium der Reichen und kaufen Land auf – glücklicherweise. Denn als Rockefeller und ein paar andere Milliardäre dem Staat das Areal schenken, machen sie zur Auflage, dass es Schutzgebiet wird. So entsteht auf dieser Insel der zehntgrößte Nationalpark der USA, mittenmang: Cadillac Mountain (nach einem Franzosen benannt, nicht etwa nach einem Auto, auch wenn dieser Gedanke näher läge), der höchste Berg an der Ostküste. Wer am frühen Morgen hier ist, sieht die Sonne über Gods own country als Erster aufgehen. Ätsch!


Größere Kartenansicht

Die Bangor Daily News weiß: Die weltweite Solidarität mit den USA, sie war nach dem 11. September nur von kurzer Dauer. In Deutschland etwa äußerten sich demnach vor zehn Jahren 78 Prozent positiv über die Vereinigten Staaten, heute sind es noch 62 Prozent. (In Russland sind es 56 Prozent.)

Was uns angeht: Amerika liebt uns, also lieben wir Amerika zurück. Das ist nicht schwer: Alles ist mindestens so groß, wie man’s braucht. Nichts ist unmöglich. (Ok, abgesehen davon, dass man das Wort Toilette nicht aussprechen darf.) Niemals in meinem Leben sah ich Autofahrer vorsichtiger fahren. Nirgends wurde ich öfter gefragt, wie es mir geht, ob man mir im Weg stehe und wenn ja, wie leid einem das täte, und dass ich mir doch bitte alle Zeit der Welt nehmen solle für – was auch immer ich gerade tue, denn was immer es sei, es müsse großartig sein. Es gibt Restrooms, wo immer man sie braucht, und sie sind in einem guten großartigen Zustand. Man kann alles kaufen, sogar Jesus. Es gibt ein Dutzend Sorten Erdnussbutter, und im Regal ist trotzdem noch Platz für Nutella! Altere Damen verlassen ohne zu zögern ihre Verkaufstheke, um dich liebevoll in das eben erstandene Regencape zu wickeln. Es gibt Streifenhörnchen in freier Wildbahn, und sie beißen nicht einmal. Es gibt frischen Lobster an jeder Ecke, und er schmeckt – natürlich – großartig. Niemand will Geld! Allen genügt eine Unterschrift. An Tankstellen muss man nach dem Tanken nicht ins Gebäude latschen (wie überhaupt unnötige Fußwege leicht zu vermeiden sind), sondern bezahlt direkt am Zapfhahn. Fürs Autofahren ist der linke Fuß überflüssig. Schaltet man den Tempomaten ein, ist es der rechte ebenfalls! Freedom!

Man muss Amerika einfach lieben. (Andernfalls ist es auch schnell beleidigt.)

5 Kommentare

  1. Man kann Amerika lieben. Man muß die Amerikaner allerdings nicht alle lieben. Schöne Bilder!

  2. Jepp. Die netten Leute in Maine beispielsweise haben die Homo-Ehe per Volksabstimmung wieder abgeschafft. Ein “Sieg der Familie”.

  3. Ich hätte gerne so einen Moses für mein G-WC (ich möchte das Wort auch nicht ausschreiben ;-)) Würde gut zur kretischen Ikone passen.
    Schönen Urlaub weiterhin!

  4. “Die netten Leute in Maine beispielsweise haben die Homo-Ehe per Volksabstimmung wieder abgeschafft”

    IHHHH, DAS IST JA EKELHAFT :-((((((((((

Kommentare sind geschlossen.