Jagdtrieb

Ich bin ein großer Fan von Schnitzeljagden und Gelände-Rallyes aller Art. Das war ich schon immer. Meine halbe Kindheit und Jugend habe ich auf Schnitzeljagden verbracht – ja, ich kann mit Fug und Recht von mir behaupten, dass mir der Spaß am Verstecken, Suchen und Finden bereits in die Wiege gelegt wurde.

Was habe ich meine Gäste beneidet, nachdem ich sie letzten Sommer an meinem 40. Geburtstag auf einen Parcours durch den Wald geschickt hatte – ich selbst konnte ja leider nicht daran teilnehmen, weil ich a) meine Geschenke auspacken und b) sämtliche Bestandteile des Buffets vorkosten musste. Achso, und weil es mir leider nicht gelungen war, die Lösungen zu den Aufgaben, die ich mir für diese Schnitzeljagd ausgedacht hatte, rechtzeitig zu vergessen, um sie dann selbst wieder knacken zu können. Das bedaure ich am meisten. Annähernd genauso viel Freude wie am Schnitzel-Jagen habe ich nämlich am Schnitzel-Verstecken, und so kam die Bespaßung meiner Gäste an jenem Nachmittag wohl nur vor allem mir selbst zugute.

So war es nur eine Frage der Zeit, bis ich das Geocaching entdeckte. Das ist Schnitzeljagd wie damals, mit Rätseln, die es zu lösen gilt, um die nächste Station zu finden, verklausulierten Hinweisen auf Verstecke – kombiniert mit der Technik von heute. Perfekt! Geocaching funktioniert ganz einfach: Irgendjemand versteckt irgendetwas irgendwo und teilt auf einer Internetseite die Existenz seines Schatzes (“Cache”, na gut) der Welt mit. Dazu liefert der Schatzverstecker (“Owner”, jaja) einen oder mehrere Hinweise, meist die Koordinaten oder ein Rätsel, das man erst knacken muss, um die Koordinaten zu erfahren. Diese Informationen liest irgendjemand, macht sich mit GPS-Gerät (oder auch ohne) auf den Weg und versucht, die Hinweise zu entschlüsseln und den Cache zu heben. Das ist oft eine Filmdose (“Micro”) oder etwas noch Kleineres (“Nano”) oder auch eine beliebig große Tupperdose oder ein ausrangierter Verbandskasten oder eine Munitionskiste. Darin findet sich allerlei, mindestens aber ein Logbuch und ein Stift, damit die Finderin (und auch der Finder) ihre erfolgreiche Suche dokumentieren kann. Oft ist auch noch ein Geschenk drin, das du mitnehmen darfst – aber nur, wenn du dafür etwas anderes hineinlegst. Das heißt dann auf Geocachingisch “Trade”. Es gibt Nacht-Caches, die man nur im Dunkeln findet, weil Reflektoren oder fluoreszierende Markierungen den Weg weisen. Wenn der Schatz ein “Traditional” ist, gilt es nur einen Ort zu finden. Bei einem “Multi” wird der Cache über mehrere Stationen gesucht. Alles klar?

Wo ist er bloß?Man kann natürlich auch den Schatz Schatz nennen und den Tausch Tausch und genauso viel Spaß haben. Was sich aber wirklich nicht übersetzen lässt, ist der Begriff, mit dem Geocacher die Unbeteiligten bezeichnen, die sich bei einer Schatzsuche zufällig in der Nähe aufhalten. Das sind – frei nach Harry Potter – Muggels.

Und so finden sich in mancher Cache-Beschreibung denn auch wunderbare Sätze wie dieser: “Bei schönem Wetter ist mit hohem Muggel-Aufkommen zu rechnen.” Das macht die Herausforderung noch größer, denn natürlich sollte niemand mitbekommen, dass du gerade einen Schatz hebst oder wieder ins Versteck zurückbeförderst. Ruckzuck ist das gute Stück weg, weil jemand denkt, es handele sich um Müll. Oder du bist selber weg, weil jemand die Polizei gerufen hat, nachdem er beobachtet hat, wie du mit einem GPS-Gerät durch den Wald gestolpert bist und schließlich eine Munitionskiste ausgebuddelt hast.

Ah! Da ist er! Aufmerksame Leserinnen und Leser mögen inzwischen den Eindruck gewonnen haben: Hier sprich ein alter Hase. Und, ja, ich darf mitteilen: Ich habe inzwischen drei (drei!) Schätze gehoben! Und dafür musste ich nicht mal weit fahren.

Wer einen Blick auf die Karten der einschlägigen Seiten wirft, muss glauben, dass es auf dem Planeten nur so wimmelt von Geocachern. Jedenfalls wimmelt es auf den Karten vor grünen Punkten, und du kannst dir bequem zunächst mal die Schätze in deiner Umgebung herauspicken. Für viele braucht es nicht mal ein GPS-Gerät.

So habe ich die letzten beiden Mittagspausen mit anregender Schatzsuche in der Nähe meines Arbeitsplatzes verbracht: Der eine Cache fand sich auf einer nahegelegenen Eisenbahnbrücke, und zwar just an der Stelle, wo sich “die Spitze des Domes zwischen die beiden Türmen der Deutschen Bank” schiebt, wie es in der Beschreibung hieß. Ich gebe zu: Zwei Züge und einen Muggel musste ich passieren lassen, bis ich fündig wurde – und das auch nur tastend.

Loggen nicht vergessenFür den zweiten Schatz sollte ich einen Denkmalsockel aufsuchen und eine Peilung vornehmen (“Der Cache liegt auf 210 Grad in 30 Meter Entfernung.” Ah ja.). Das mit der Peilung… habe ich nicht wirklich gepeilt, also umrundete ich das Denkmal kurzerhand in etwa 30 Meter Entfernung. Natürlich unauffällig! Also zwischendurch immer mal stehenbleibend, die Fernsicht genießend, mit den Fußspitzen Grassoden umpflügend, an Bäume gelehnt … Und bingo!

Leider hat die Ü-Eier-Figur, die ich zum Tauschen stets bei mir trage, bislang in keine der Dosen gepasst. Was aber unweigerlich passiert, wenn es gelungen ist, den Schatz mit einem unterdrückten Aufschrei zu heben, den Eintrag ins Logbuch zu machen und die Dose unauffällig wieder zurück zu bugsieren: Man schenkt anschließend jedem Muggel ein grenzdebiles Geheimnisträger-Grinsen.

Links:
www.geocaching.de
www.geocaching.org
www.opencaching.de

3 Kommentare

  1. Mit 14 nachts Lampensuchspiele in den Ferienfreizeiten, mit 24 CB-Funker-Fuchsjagden auf den Straßen und mit 4x Geochaching – sind wir nicht alle jung geblieben :-)

  2. Na sowas, das würde mir auch gefallen. Schnitzeljagden u.ä. kenne ich ja von Berufs wegen und ich nehme auch selbst gerne an welchen teil. Der Gedanke, dazu den Computer anmachen zu müssen, gefällt mir im ersten Moment nicht, aber wenns dann doch in die Realität geht, ja … dann vielleicht doch. Ich werde es mir mal angucken, wenn ich wieder mehr Zeit für sowas habe (gebookmarked!).
    Und auch dir einen herzlichen Gruß (deinen habe ich gerade erst bei Wirrwarr (wahr) gefunden.

  3. Versuch’s mal, April! Diese Schatzsuche bringt einen vor die Tür und an interessante Orte, die man sonst nicht finden oder ansteuern würde. Viel Spaß!

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