Jahrelang haben Verlage das Internet verschlafen, inzwischen verkünden sie ja landauf landab, dass hier die Zukunft liegt und sie deshalb hier ganz doll investieren werden. Wenn man sich aber anschaut, wohin das viele Geld gepumpt wird und welcher Bereich von dem ganzen Segen nichts oder kaum etwas abbekommt, dann scheint so manche “Online-Offensive” vor allem eins: eine Schlagwort-Wolke mit wenig dahinter.
Millionen gehen in Technik, Entwicklerteams, in die Programierung von Plattformen, die (billige) Nutzerinhalte möglichst automatisiert aufbereiten. Gespart wird (weiterhin) an der Ecke, die es dringend nötig hätte: Journalistische Kompetenz scheint keine relevante Größe. So, wie in vielen Print-Redaktionen im Laufe der letzten Jahre immer mehr Korrespondentenstellen abgebaut, mehrtägige oder gar mehrwöchige Recherche nicht mehr bezahlt und immer mehr Eigenleistung durch Agenturtexte ersetzt wurden, so gilt für viele Webauftritte: Die Inhalte müssen nicht hochwertig sein. Hauptsache, sie lassen sich gut vertaggen.
Gleiches hört man übrigens auch von “normalen” Firmen. Technikcash ist (eher) da, aber dass man den hochkompetenten Mitarbeitern (ok: manchen) ne halbe Stunde am Tag ließe, um zu bloggen (oder sonstwas). Ach neee, das ist ja TEUER. Dieses Missverhältnis gab es aber schon zu 1.0-Zeiten. Nur jetzt macht es nix besser.
Der ganze 2.0-Technikkram kann noch viel besser verdecken, wenn inhaltlich wenig dahinter steht. Das lockt erstmal viele verspielte Nutzer an, und Verlage verweisen stolz wie Bolle auf ihre große “Community”. Aber wenn diese Nutzer sich auf Dauer langweilen, weil sie keine hochwertigen Inhalte kriegen (außer jenen, die sie selbst schaffen), sind sie auch schnell wieder weg …
Das Beschwören, dass die Nutzer hochwertige Inhalte wollen, wird seit jeher durch eine Zeitung mit großen Buchstaben konterkariert, die einen guten Verkaufserfolg durch möglichst einfache und grelle Inhalte erzielt.
Richtig. Aber auch diese Inhalte sind teuer; der von dir erwähnte Verlag gibt sehr viel Geld dafür aus. Ich ergänze also:
Wenn diese Nutzer sich auf Dauer langweilen, weil sie keine hochwertigen oder exklusiven Inhalte kriegen, sind sie auch schnell wieder weg.
Dann ist “hochwertig” und “Qualität” unabhängig vom Inhalt an sich, sondern davon abhängig, wieviel ein Verlag sich das Produkt kosten läßt? Dessen exklusiven Inhalte sind ja so “gut”, dass es sich jeden Tag am Kiosk rasend verkauft…