Zwischen Wurstwerbung und Wohnungsannonce

Am 11. August 1838 bekamen die Münsteraner Kenntnis von einem dreisten Diebstahl, der sich im weit entfernten Südfrankreich ereignet hatte.

In Marseille war kürzlich ein alter Geistlicher auf kurze Zeit verreiset. In seiner Abwesenheit erschienen drei Personen, wovon der eine, wie ein öffentlicher Beamter, mit einer dreifarbigen Schärpe umgürtet war, zeigten der Haushälterin an, daß der alte Herr plötzlich am Schlagflusse gestorben sey, stellten ein Inventar auf, nahmen alle Kostbarkeiten gegen einen Empfangsschein zur sicheren Aufbewahrung mit, und legten das Uebrige unter Siegel. Zwei Tage nachher kehrte der Geistliche wohlbehalten von seiner Reise zurück, wo es sich fand, daß er auf diese betrügerische Weise bestohlen worden war.

Die kleine Anekdote findet sich unter weiteren Meldungen aus Frankreich, England und Ostindien in der Rubrik Vermischte Nachrichten auf Seite 4 des Westfälischen Merkur – direkt neben einer Anzeige, die der Verleger Hüffer anlässlich einer Neuerscheinung aufgegeben hatte. Anfang August war in seiner Aschendorffschen Buchhandlung ein Gedichtband erschienen. Das Buch war in einer Auflage von 400 Exemplaren am 4. August 1838 ausgedruckt worden. Die Autorin bekam kein Honorar, sondern lediglich 30 Freiexemplare. Platziert war die Anzeige zwischen Werbung für Wurstwaren, der Suche nach einem vermissten Hühnerhund, Todesanzeigen und einer Wohnungsannonce. Eine Auswahl:

Anzeige 1838Am Montage, den 20. d. Mts., werde ich den gewöhnlichen Anna-Ball in meinem Saale veranstalten. Ich beehre mich, Freunde eines ländlichen Vergnügens hierzu ganz ergebenst einzuladen.
Wittwe Joseph Sandhage

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Frische Schweinefleisch und Würste empfiehlt
Hermann Lehmkuhl, auf der Grünen Stiege

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Am Donnerstag, d. 9. August, ist ein weißer Hühnerhund verloren; derselbe war von mittlerer Größe, flockhaarig, auf dem Rücken ein brauner Fleck, mit ganz braunen Behängen, Vorderfüße getiegert, war mit einem Halsband gez. Summersmann Unna versehen; hört auf den Namen Leo. Der jetzige Besitzer wird gebeten, denselben auf der Rothenburg Nr. 156 gegen Vergütung abzuliefern.
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Es stehen 4 Zimmer zu vermiethen beim Kupferschläger Prelter, Salzstraße Nr. 50.
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In der Aschendorffschen Buchhandlung ist erschienen:
Gedichte von Annette Elisabeth von D….. H……..
gr. 12 auf fein Velin-Papier in Umschlag cartonnirt
15 Sgr.

Der Gedichtband wurde ein Flop: Lediglich 75 Bücher wurden verkauft. Die Autorin erinnerte sich später:

Mit meinem Buche ging es mir zuerst ganz schlecht. Ich war in Bökendorf mit Sophie und Fritz allein, als es herauskam, hörte nichts darüber, und wollte absichtlich mich auch nicht erkundigen. Da kömmt mit einem Male ein ganzer Brast Exemplare von der Fürstenberg […]. Ferdinand Galen gibt die erste Stimme, erklärt alles für reinen Plunder, für unverständlich, konfus und begreift nicht, wie eine scheinbar vernünftige Person solches Zeug habe schreiben können. Nun tun alle die Mäuler auf und begreifen alle miteinander nicht, wie ich mich habe so blamieren können.

Übrigens: Bei der Suche nach bestimmten Anzeigen, Meldungen oder Ausgaben hilft die Staatsbibliothek in Berlin schnell und unkompliziert.

4 Kommentare

  1. Zwischen 3000 und 4000 Euro, so zumindest die Auskunft eines Berliner Antiquars. Hin und wieder tauche tatsächlich mal ein Exemplar auf dem Markt auf.

  2. Ich schmökere auch gerne in alten Zeitschriften, und es fasziniert mich jedes Mal, wie sehr man damals den Inhalt zusammengewürfelt hat.

    Damals hatten die Zeitungen zwar einen geringeren Umfang und sind nicht immer täglich erschienen, aber ich frage mich auch öfters, ob manche Meldung oder Anzeige in dem Chaos nicht einfach untergeganen ist.

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