Zahnarzt. Einer der schlimmsten Termine für mich im Jahreslauf. Da gehst du brav regelmäßig zur Prophylaxe, bis das Bonusheft überquillt – und eh du dich versiehst, hast du einen zweiten Termin am Hals. Da ist eine Stelle… da müssen wir was machen.
W a s m a c h e n – das ist ein Synonym für das rotierende Schleifen eines Bohrers an bloßliegenden Nervenenden. Für das stechende Aufblitzen von nacktem Schmerz. Für das ganze Elend dieser Welt, geballt in einem einzigen Zahn. Was machen, das ist – F o l t e r.
Doch heute schien die Schutzgöttin der Pienzchen mit mir Erbarmen zu haben. Am späten Nachmittag, ich bin gerade von der Arbeit auf dem Weg zu dem Was machen-Termin, erreicht mich in der S-Bahn ein Anruf von Siebenstein: Stromausfall in unserer Stadt. Stromausfall! Halleluja! Ich eile nach Hause, wo statt Glühbirnen Kerzen den hereinbrechenden Abend erleuchten, und kann mein Glück kaum fassen. Stromausfall! Hurra! Zur Sicherheit ein Anruf in der Zahnarztpraxis. Ich werde eh niemanden erreichen, denn wo kein Bohrer funktioniert, da wird auch das Telefon nicht… es klingelt. Es klingelt ganz normal. Es klingelt ganz normal?
Es
geht
jemand
dran.
Verdammt.
Unser Haus ist zusammen mit der gesamten Nachbarschaft in einer gnädigen Dunkelheit versunken – aber rund zwei Kilometer Luftlinie entfernt, ausgerechnet in der Straße, wo meine vermaledeite Zahnarztpraxis ist, da brennen Glühbirnen und rotieren Bohrer, als sei nichts gewesen!
Das ist nicht fair!
Missmutig mache ich mich auf den Weg. Eine Viertelstunde später liege ich im Behandlungszimmer und warte darauf, dass die Betäubungsspritze anfängt zu wirken. Ich könnte schwören, dass diese Birne in der grellen Lampe über mir leise kichert. Die halbe Stadt liegt im Dunkeln, nur ich nicht. Und dann, ich habe gerade den Höhepunkt meines Selbstmitleids erreicht, beginnt auch hier das Licht zu flackern.
Jau! Komme ich doch noch einmal davon? Dieses eine Mal noch? Wunderbar! Das heißt… naja. Die Spritze hab ich schon intus. Tut ja auch weh. Und irgendwann muss ich eh da durch, wenn nicht heute, dann morgen. Hm. Also dann doch lieber heute?
Kaum Sekunde lang dauert der Stromausfall, dann ist alles wieder da: Ein Rechner im Behandlungsraum fährt sich wieder hoch. Der Wasserspender gluckert. Meine Zahnärztin nimmt neben mir Platz und lächelt. Ich öffne den Mund, schließe die Augen und genieße das Gefühl, unheimlich tapfer zu sein.
:)
Überlebt?
Gerade so. Aber ich wurde belohnt: Bei meiner Rückkehr nach Hause hatten wir dort immer noch keinen Strom – also sind wir endlich mal wieder essen gegangen. Essen ging nämlich, trotz Zahnbehandlung, ätsch.
Gelle? So ein lecker Süppchen aus der Schnabeltasse hat schon was!
voll aus dem Leben 8-(… Schön aber, dass man heute nicht mehr 2 Stunden warten muss 8-))