Das Rätselhafte am Älterwerden ist die Tatsache, dass man es nur bei anderen bemerkt und selten bei sich selbst – von wenigen Momenten abgesehen. In der Selbstwahrnehmung scheint man immer – naja, so etwa gefühlte 20 zu bleiben. Zum Glück trügt das Gefühl, denn letztlich war das Leben damals eine einzige Eskapade. Obwohl…
Eine der legendärsten Partys feierten K. und ich 1996, als wir bereits Ende 20 waren. Ein Jubiläum, unsere 20jährige Freundschaft. Wir mieteten einen großen Saal und luden alle ein, die uns irgendwann mal in diesen zwei Jahrzehnten begegnet, in unserem Schuljahrgang (oder im Jahrgang darüber) waren, in der gleichen Band gespielt oder uns anderweitig ein Stück begleitet hatten. Das Fest rauschte bis in den Morgen und endete seinerseits in diversen Eskapaden, aber so muss das wohl sein.
In dieser Nacht hatten wir uns an alles erinnert.
An hunderte von Briefen, die all die Jahre in dunklen Schuhkartons überdauert hatten – inklusive der Exemplare, die wir mit einem Feuerzeug ringsherum anzündeten, um den Schreiben von “Käptn Hook” oder “Drake” den nötigen Nachdruck zu verleihen.
An die Mini- Demo im Foyer der Gemeindehalle, wo gerade das Parlament tagte – ich hatte eigens mein bestes T-Shirt angezogen.
An unsere erste öffentliche und sehr aussagekräftige Stellungnahme als “Initiatoren” einer Unterschriftenliste für ein Jugendzentrum, die von der Lokalpresse (für die ich später selbst arbeiten würde) dankbar aufgegriffen wurde.
Das war alles erst gestern.
Morgen ist das nächste Jubiläum. Unser 30-Jähriges steht an. Und weißt du was, K.: Ich würde alles wieder tun. Ich würde sofort wieder mit dir gegen den stockkonservativen Bürgermeister agitieren, mit dir vor durchgedrehten Rindern flüchten, als Komparsen in den Filmen deines Vaters mitwirken, dir nach einem Schlüsselbeinbruch, über dessen Ursache ich auf ewig schweigen werde, im Krankenhaus die Hand halten.
Und ich werde da sein, so wie du vor fünf Jahren. Versprochen.