Jedes siebte der 181 Karstadt-Kaufhäuser schreibt rote Zahlen, lesen wir heute. Und dass der Konzern nur durch Filialenschließungen und Massenentlassungen zu retten sei. Achso, und durch den Ausstieg aus allerlei Unternehmensbeteiligungen.
Wenn ich richtig rechne (und die Daten stimmen), schreiben also immerhin 155 Kaufhäuser schwarze Zahlen. In eines davon scheine ich zufällig immer zu geraten, wenn es mich mal in diese Waren-Wunderwelt verschlägt.
Den Eingangsbereich, wo sich alle Parfums dieser Welt um die Vorherrschaft in den Kundennasen drängeln und dabei ein nur schwer erträgliches Duftwolkengemisch bilden, durcheile ich meist im Schnelldurchgang (die Luft anhaltend und hoffend, dass niemand in der Nähe auf die Idee kommt, ein Streichholz anzuzünden). Danach aber geht es oft genug nur noch im Gänsemarsch weiter: Menschentrauben allüberall. Was machen die alle hier? Ein bisschen Marmorglanz gucken und Hightech-Rolltreppe fahren? Doch nicht etwa – man wagt es ja kaum auszuschreiben – konsumieren?
Das Gewusel in den Gängen und die Schlangen an den Kassen deuten doch sehr darauf hin, dass die Kundschaft sich an der Havarie des Unternehmens nur mäßig schuldig gemacht hat. Die Verkäuferinnen und Verkäufer sicher schon gar nicht. Wie also konnte es zur größten Krise des Warenhauskonzerns in seiner 120jährigen Geschichte kommen?
Die Rede ist von Management-Fehlern, von fragwürdigen Beteiligungen: ein Touristikkonzern hier, eine Kaffee-Kette dort, ein Bekleidungsunternehmen da. Karstadt auf allen Hochzeiten. Nun ist das Fest vorbei, und die Beschäftigten dürfen den Laden auskehren und anschließend nach Hause gehen – für immer. Das Management dagegen bleibt trotz grandioser Fehlleistungen auf dem Posten und beschränkt sich, wie die FAZ meldet, auf Kürzungen bei Gehalt und Urlaub. Wow! In diesen Einkommensphären fällt das den Herrschaften vermutlich nicht mal groß auf.
Besser Karstadt, lautet der Slogan des Unternehmens. Ich finde, das könnte man noch ein wenig besser formulieren.
28. September 2004
Als ich gestern die ersten Meldungen dazu hörte, hab ich mich sofort richtiggehend geärgert. Solange Manager in diesem Land ungestraft ihre Konzerne mit Fehlentscheidungen in den Ruin treiben dürfen (und es die Belegschaft dann auslöffeln muß), wird sich wohl nicht allzu viel ändern. Man fragt sich was das für “Manager” sind, die offenbar reihenweise nicht in der Lage sind abzuschätzen womit sie sich übernehmen, Hauptsache größer, noch größer und “global player”… man kann’s ja mal risikieren, wenn’s schief geht, kommt man im ungünstigsten Fall mit einer lächerlichen Kürzung des Gehalts oder Urlaubs davon im günstigsten Fall mit einer Millionenabfindung, also was soll’s?! Zum Kotzen!!!
Früher befanden ja mal Gerichte darüber, ob jemand “schuldig geschieden” wurde. Ich plädiere ja sehr dafür, heute nach diesem Modell bei Unternehmenskrisen die Verantwortlichen zu benennen und sie “schuldig” zu entlassen – also ohne Abfindung und am besten unter Verlust ihrer in dieser Firma erworbenen Betriebsrentenanteile bzw. Pensionsansprüche. Dieses Geld sollte dann in die Sanierung des Unternehmens gesteckt werden.
“schuldig entlassen” gute Idee zwar wären die nicht zu zahlenden Pensionsansprüche und Abfindungen nur ein Tropfen auf den berühmten heißen Stein aber immerhin. Es wird Zeit, dass mit den Belohnungen für perfektes Missmanagement schluß gemacht wird.
Ganz eurer Meinung. In Köln-Porz soll auch eine Karstadt-Filiale geschlossen werden, die wirtschaftlich arbeitet. Unbestraftes Mismanagement ist die schlimme Seite des Kapitalismus.
zum thema manager-fehlentscheidungen gab’s neulich im spiegel einen guten artikel. das ganze gerede über mehrarbeit und urlaubskürzungen zur rettung der wirtschaft wird da sehr schnell relativiert:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,druck-316992,00.html
Teaser: “Produktivitätsfalle
Wie Manager den Fortschritt ausbremsen
Von Michael Kröger
Einer Studie zufolge gehen in deutschen Unternehmen pro Jahr und Mitarbeiter 74 Arbeitstage verloren, weil Manager falsch planen, schlecht anleiten oder Chaos anrichten. Verbesserungen in der Führung würden weit mehr bringen als die Verlängerung der Arbeitszeit oder Lohnkürzungen”
Weiterer Auszug:
“Damit wirft die Studie ein ganz neues Licht auf die derzeit landauf landab geführte Diskussion um Sparprogramme in den Unternehmen. Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich, Wegfall von Weihnachts- und Urlaubsgeld, Streichung von Pausen und Prämien – der Effekt ist gering im Vergleich zu dem, was die Unternehmen erreichen könnten, wenn sie nur die vorhandenen Ressourcen effektiv ausschöpfen würden – hat ein Unternehmen ein Wettbewerbsproblem, so geht dies in erster Linie auf das Konto der Bosse.”
(hab ich bei tina schon zitiert, aber das kann man nicht oft genug erwähnen!)