Ohren betäubend

Ich kann es nicht mehr hören! Genauer gesagt: Ich will es nicht mehr hören. Nicht den wütenden Presslufthammer, der sich täglich zehn Stunden lang unmittelbar unter den Bürofenstern in den Asphalt bohrt, und das seit Wochen Monaten. Nicht die röhrenden Bagger, die zum Einsatz kommen, sobald der Presslufthammermann mal Pause macht. Und nicht die ratternden Generatoren, die die ganze Nerv tötende Geräuschkulisse permanent aufrecht erhalten.
Der Preis für Frischluftzufuhr in unserem Großraumbüro ist hoch: Vom Meeting gestern hab ich nur die Hälfte mitbekommen. Die andere Hälfte der Zeit hab ich irgendetwas ungehört in den Geräuschbrei gesprochen. Hoffentlich nicht nur Unsinn.


Leider leider rollt sich der Lärmteppich mit Dienstschluss noch lange nicht zusammen. Abends nämlich naht diese andere Form der Körperverletzung: Die aufheulenden Motoren von Autos, an deren Steuer spätpubertierende Jungs in Muskelshirts sitzen, die allesamt ein orthopädisches Problem mit ihrem rechten Fußgelenk zu haben scheinen. Und ein weiteres mit ihrem Gehör, so, wie die Bässe aus den Hecklautsprechern wummern. Sind die coolen Kerle dann endlich in ihren coolen Discos verschwunden, dann habe ich es fast geschafft. Nur noch ein paar verspätete Flugzeuge, die über meine Dachterasse hinweg Rhein-Main anfliegen – dann ist Ruhe, himmlische Ruhe. Bis zum frühen nächsten Morgen jedenfalls, wenn die ersten Lkw anrücken. Und der Hausmeister die Mülltonnen übers Pflaster rollt.
Vielleicht bin ich zu empfindlich geworden. Aber im Moment gäb ich was für eine örtliche Betäubung.