Worte über Bilder

Der Wiener Kurier macht heute sein eigenes Dilemma zum Thema eines Kommentars (rechts), das das Dilemma vieler JournalistInnen in diesen Tagen ist: Darf man all diese grauenhaften Folterbilder zeigen? Muss man es nicht sogar? Und wenn man die Bilder aus Abu Ghraib zeigt, muss man dann nicht auch die Bilder der Enthauptung des Nick Berg zeigen? So, wie man israelischen Panzerangriffen auch die Fotos zerfetzter israelischer Schulbusse gegenüber stellen muss? Wieviel Würde kann man den Opfern vom Redaktionsschreibtisch aus noch zusätzlich nehmen?

Oder zurückgeben, indem man ihre Nacktheit und ihre Gesichter unkenntlich macht, ihr Leiden aber gleichwohl sichtbar – und die Täter ebenso? Spiegel online baute noch am Tag des Bekanntwerdens der Bilder eine Fotostrecke. Bei uns gibt es immer noch keine, stattdessen ernste Gespräche über das, was falsch und was richtig ist.
Die Aufnahmen dokumentieren nicht nur Verbrechen, sie sind selbst welche, schreibt Veronika Krall heute im FR-Feuilleton. Die Fotografien sind nicht nur Komplizen (wie das lächelnde Einverständnis der Täter und Täterinnen suggeriert), sondern integraler Bestandteil der Qual, die den Abgebildeten zugefügt wird. Diese Qual ist den Aufnahmen selbst als sadistische Lust eingeschrieben, daran kann keine Bildunterschrift und keine Kontextualisierung der Bilder rütteln. Es sind Täterbilder, die man nicht mit der üblichen Elendsfotografie vergleichen kann.

8 Kommentare

  1. Meiner Meinung nach muss man zwar über die Geschehnisse informieren – in Worten – aber ich finde, man sollte solche Bilder nicht öffentlich zeigen. Ich bin sicher, nicht jeder kann damit umgehen und ich befürchte auch, dass eine gewisse Abstumpfung eintritt – ganz zu schweigen davon, dass man den Opfern ihre Würde nimmt. ICH wollte nie so gezeigt werden.

  2. Welchen Zweck hat die Veröffentlichung der Bilder? Information kaum, denn die ist sauberer in Worten vermittelt (mit dem Hinweis, dass der Redaktion Fotobeweise vorliegen). Also dann doch Emotionalisierung, Erzeugen von Empörung? Nein, ich halte mich verzweifelt an meinem Grundsatz fest, dass Medien aufklären sollen und informieren, nicht etwa aufwiegeln und den Verstand betäuben.

  3. Worte reichen nicht – leider. Was in diesem Gefängnis passiert ist, stand detailliert in einem Bericht von amnesty international sowie in Berichten des Internationalen Roten Kreuzes. Vermittelt wurden diese Worte vor einem Jahr. Niemand hat sich darum geschert. Erst die Fotos haben die nötige Empörung erzeugt, um den Skandal in die breite Öffentlichkeit zu tragen. Furchtbar – aber wahr.

  4. Das Rote Kreuz war ja aus guten Gründen nicht an die Öffentlichkeit gegangen. Und die ai-Berichte reichten nicht, um die Medien zu einer Veröffentlichung zu bewegen? Das sagt viel über die Redakteure aus, rechtfertigt aber meiner Meinung nach nicht die Wiederholung des Missbrauchs durch Veröffentlichung der Fotos.

  5. Das IKRK stand in der Tat vor einem Dilemma – allerdings hätte es genug Gründe gehabt, an die Öffentlichkeit zu gehen, und ist deshalb nicht zu Unrecht in die Kritik geraten.
    Amnesty hat öffentlich interveniert, und es gab (spärliche) Medienberichte – die keinen weiter interessierten. Das sagt zwar etwas über die Redakteure aus – aber noch mehr über die Öffentlichkeit (also über uns) selbst.

  6. ich bin da eher mos meinung. worte reichen nicht. nicht nur nicht, weil es über ein jahr nichts gebracht hat. auch, weil beides – foto und wort – letztendlich nur eine annäherung sein kann. die vorstellung, das mitgefühl muß den rest machen. anders als ingi meine ich, daß wir das nicht nur aushalten, sondern sogar leisten müssen.
    ganz am rande bemerkt wäre es ich dementsprechend auch dafür, wenn deutlich gezeigt würde, was mit mir gemacht wurde. hypotetisch gesprochen. was ist denn das für eine haltung: zeigen darf man es nicht. aber gemacht wird es. immer und überall. das käme beinah einer letzten grausamen lüge gleich.

    (mensch, dieser verfl… kasten ist aber klein, ich begreif gar nicht mehr, was ich hier schreibe…)

  7. Besser so, engl? :)
    Zum Thema: Ich bin – leider – ziemlich sicher, dass heute und morgen weiter gefoltert würde, wenn die Bilder nicht durch die Medien gegangen wären.

  8. besser! ;-)
    zum thema: ich bin sogar sicher, daß weiter gefoltert wird, ob hier, da oder noch woanders. aber ich bin und bleibe eine vertreterin einer menschlichen utopie.
    und das schließt dann wohl auch erst einmal was schmerzliche wissen um solche dinge mit ein.

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