Die Spanier haben ihrer Regierung den plumpen Versuch, die verheerenden Bombenanschläge wahltaktisch auszunutzen, um die Ohren gehauen. Da konnte der (bisherige) Innenminister noch so oft ETA, ETA rufen – eine Mehrheit des Wahlvolks sah sich offenbar nach dem 11. März in ihrer Ablehnung des Irakkriegs auf das Furchtbarste bestätigt und wählte die Regierung, die das Land erst in den Waffengang zog und dann die schrecklichen Folgen nicht wahr haben wollte, ab.
Die Einschläge kommen immer näher. Das war mein erster Gedanke am vergangenen Donnerstag. Trotz Anti-Kriegs-Kurs unserer (Noch-)Regierung: Allzu sicher dürfen wir uns in Deutschland wohl nicht fühlen. Schon melden sich Terrorismusexperten wie Rolf Tophoven: “Wir sind derzeit nicht Ziel Nummer 1, aber wegen des Bundeswehr-Engagements in Afghanistan und am Horn von Afrika sicher im Visier der Islamisten.” Er rechne damit, dass die Terroristen nun die Verbündeten der USA “abarbeiten”.
Spaniens Wahlsieger Zapatero kündigt an, die Soldaten in Irak noch bis zum Sommer zurückzuholen. Schön für die Heimkehrenden, aber mal abgesehen davon, dass die Spanier in Irak nicht zu Ende führen, was sie nun mal angefangen haben: Kann das wirklich die Antwort sein auf Terror, der Hunderte Unschuldige massakriert? Müssen sich westliche Demokratien künftig Sicherheit und Unversehrtheit ihrer Bevölkerung durch Wohlverhalten oder zumindest Neutralität gegenüber Terroristen erkaufen?
15. März 2004
Was heißt “erkaufen”? Bedeutet eine Nichteinmischung in fremde Angelegenheiten erkaufen?
Nein, kein Wohlverhalten, ich hasse Schleimereien ;-) aber vielleicht beim nächsten Mal einfach auf den Willen der UN hören – das hätte schon gereicht. Was bilden sich die Regierungen Spaniens, Polens und Italiens eigentlich ein, gemeinsam mit den USA gegen den Willen der Welt zu agieren. Das hätten sie einfach lassen sollen, und schon hätte es keinen solchen Terror in Europa gegeben und somit nicht die Frage nach dem Wohlverhalten oder dem Erkaufen.
Kann das nicht eine Lehre für die Zukunft sein?
“…aber mal abgesehen davon, dass die Spanier in Irak nicht zu Ende führen, was sie nun mal angefangen haben: Kann das wirklich die Antwort sein auf Terror, der Hunderte Unschuldige massakriert?”
Das ist ja auch keine Antwort auf den Terror, sondern die Einsicht, dass der Irakkrieg völkerrechtlich falsch war. Schließlich hat Zapatero auch ausdrücklich gesagt, dass er seine Truppen nur abzieht wenn diese nicht bis Ende Juni einem UN Mandat unterstellt werden. Es ist also nicht als Antwort zu verstehen, sondern der Versuch das völkerrechtliche Vergehen er Ex-Regierung einzudämmen.
Du sprichst von erkauftem Terroristenvertrauen, hier geht es um das Völkerrecht.
Glaubt ihr wirklich daran, dass die Attentate direkt mit dem Irak-Krieg zu tun haben? Wenn ja – dann sei in der heutigen FR der Gastbeitrag Wolfgang Sofskys empfohlen, der u.a. schreibt: (…)”Lieber möchte man sich der Hoffnung hingeben, im Dialog der Kulturen ließe sich friedliches Einvernehmen erzielen. Lieber verniedlicht man das Massaker zur altbekannten Propaganda der Tat, der mit einer Polizeirazzia noch beizukommen sei. Oder man setzt auf den Export der Wohlfahrtspolitik, um durch eine Verbesserung der Lebensverhältnisse die Avantgarde des Terrors zu isolieren. Wenn nur Straßen und Wasserwerke erbaut seien, so die Ideologie der verzagten Außenpolitik, dann erledigte sich die Gewalt von selbst. Aber Anschläge auf Unbeteiligte sind keine Hungerrevolte und auch keine Aktionen ausgleichender Gerechtigkeit. Sie sind Akte des Krieges, welche den Gegner lähmen und zermürben sollen.
Die Strategie des Terrorkrieges spekuliert nicht ohne Grund auf die moralische Impotenz Westeuropas. Die Ankündigung des designierten Ministerpräsidenten Zapatero, die spanischen Truppen aus Irak abzuziehen, können die Attentäter als wohlfeilen Sieg verbuchen. Auch wenn man den Rückzug aus völkerrechtlichen Gründen für gerechtfertigt halten mag, im gegenwärtigen Kontext kommt er einer Kapitulation gleich, die sich breiter Zustimmung erfreut.”
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